Der Frühling



Fotografiert von Christine Bauer
„Der Frühling ist die schönste Zeit! Was kann wohl schöner sein? Da grünt und blüht es weit und breit im goldenen Sonnenschein.“
Annette von Dröste-Hülsdorf
Frühling konkret und auf metaphorischer Ebene
Dem Frühling wohnt etwas Explosives inne. Samen, die im Herbst gesät wurden und den Winter über unter der Erde geruht haben, steigen nun mit aller Kraft aus derselben als das empor, was potentiell in ihnen angelegt ist und drängen nach Entfaltung. Die Energie des Frühlings ist eine großzügige nach außen treibende Kraft, die unseren Wünschen und Vorstellungen konkrete Formen gibt. Sie motiviert zu handeln, zu verwandeln und sich dem Leben mit seinem schöpferischen Reichtum zu öffnen. Und um es mit den Worten von Marie-Claire Dolghin-Loyer [1] zu sagen: „Der Mensch wird im Frühling wiedergeboren. Hier steht er in voller Hoffnung, findet seinen jugendlichen Elan und die Erinnerung an die vorangegangenen Frühlingszeiten wieder.“
Will dir den Frühling zeigen
Will dir den Frühling zeigen,
der hundert Wunder hat.
Der Frühling ist waldeigen
und kommt nicht in die Stadt.
Nur die weit aus den kalten
Gassen zu zweien gehn
und sich bei den Händen halten –
dürfen ihn einmal sehn.
Rainer Maria Rilke [2]
Aktivitäten
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Zugvögel kehren zurück, Tiere erwachen aus ihrem Winterschlaf, der Schnee schmilzt, weiße und lila Krokusse, die noch etwas zerknittert erscheinen, strecken ihre Köpfe aus dem Boden. Alles ist erneuert worden. Langsam aber stetig erscheinen die festen farbigen Knospen an den Bäumen und Pflanzen und entfalten ihre hellgrünen zarten Blätter. Auf den Wiesen werden die Heilkräuter wieder sichtbar: Thymian, Salbei, Rosmarin erblühen. Magnolienbäume betäuben uns fast mit ihrem blendend rosa leuchtenden Blütenkleid. Die Natur erwacht wie aus einem Dornröschenschlaf und zeigt sich in ihrer schönsten Farbenpracht.
Dieser Prozess des Frühlingserwachens vollzieht sich auch in uns Menschen. Wir können ihm nachspüren, wenn wir uns in Einklang mit der uns umgebenden Natur bringen. Wir können in der Natur spazieren, um neue Kräfte zu sammeln, den Sonnenaufgang begrüßen und dem Gezwitscher der Vögel lauschen, um am
Erwachen der Natur teilzunehmen! Der Frühling ist eine gute Zeit, um unsere Komfortzone zu verlassen und neue Dinge zu erproben.
Im Frühling finden wir die Kräfte der Morgenstunden wieder. Die Keimung der Samen entspricht den keimenden Ideen und Gedanken in unserem Geist. Diese werden sich langsam entwickeln und bis zum Sommer zur Reifung kommen. Es ist die Zeit, dem Unbekannten entgegen zu treten, kreativ und fantasievoll zu sein.
Der Frühling bringt jedoch auch plötzliche klimatische Veränderungen, denen sich die die Natur stellen muss. Kurze Frostperioden, Hagelschläge und Überschwemmungen können zum Wachstumsstop und zum Absterben junger, zarter Pflanzen führen. „Alles, was nicht gut funktioniert hat, wird im Frühling noch schlimmer“, besagt ein russisches Sprichwort. So wie sich die Natur den äußeren Bedingungen anpassen und Stärke entwickeln muss, so gelangt auch der Mensch über die Schwierigkeiten des Lebens zu innerer Reife. Und in diesem Sinne unterstreicht die Journalistin Pascale Senk, dass es eigentlich nicht nur einen, sondern mehrere Frühlinge gibt. Zwischen der ersten Schneeschmelze im Februar, der Rückkehr der Insekten im März und den ersten Knospen an den Bäumen im April durchläuft die Natur mehrere Etappen, erlebt zahlreiche Rückschläge, um das in ihr wohnende Leben erneut zur vollständigen Entfaltung zu bringen. Das ist wohl die erste Regel, die wir vom Frühling erlernen können – die Veränderungen des Frühlings verlaufen nicht linear.
In den folgenden kreativen Aktivitäten wurde diese besondere Energie des Frühlings berücksichtigt. Außerdem wird die Beschäftigung mit dieser Jahreszeit mit Aktivitäten über Kräuter, Gemüse und Obst, die im Frühling in unseren Breitengraden wachsen, ergänzt.
Aktivitäten
[1] Frei übersetzt nach : Dolghin-Loyer, Marie-Claire, Les saisons de l’âme, Dervy Poche, Paris, 2021, Seite
[2] Quelle: hier (abgerufen am 27.2.2024)