Warum im Unterricht mit der Methode des Neuen Kreativen Tagebuchs arbeiten?

„Wahre Intelligenz arbeitet im Stillen. Es ist die Stille, in der Kreativität und Problemlösungen zu finden sind.“
Eckhart Tolle [1]
Was ist das Neue Kreative Tagebuch?
Die Methode des Neuen Kreativen Tagebuchs wurde von der Kanadierin Anne-Marie Jobin entwickelt. Sie arbeitete zuerst als Sozialarbeiterin und widmete sich nach ihrer Ausbildung am Vancouver Art Therapy Institut der Tätigkeit als Kunsttherapeutin. Schon in ihrer Jugend war sie eine regelmäßige Tagebuchschreiberin und entwickelte schließlich aus ihrer Leidenschaft eine Methode, die seit 1998 unterrichtet wird und Einzug in alle möglichen Berufsfelder gefunden hat. Sie hat die Schule „Le jet d’ancre“ gegründet, bietet zahlreiche Fortbildungskurse an und ist inzwischen Autorin von sieben Büchern. Sie ist außerdem stets bemüht, ihre Methode weiterzuentwickeln.
Bei der Methode des Neuen Kreativen Tagebuchs geht es um eine persönliche Form des Tagebuchs, in dem Gedanken oder Gefühle zu einem Thema, Problem oder Erlebnis kreativ illustriert und reflektiert werden. Die verwendeten Techniken sind Collage, kreatives Schreiben und Zeichnen. Das Zusammenspiel dieser drei Techniken ermöglicht es, neue Perspektiven zu gewinnen, einen inneren Bewusstwerdungsprozess in Bewegung zu bringen, Stress abzubauen und sich ganz dem Moment hinzugeben. Beim Einsatz im Unterricht schafft es auch Lernmotivation und berücksichtigt die kinästhetischen Lerntypen, die oft in unserem Bildungssystem vernachlässigt werden. Natürlich muss dabei der institutionelle Rahmen berücksichtigt und die persönliche Sphäre der Lernenden geschützt und respektiert werden. Mehr Humanität und Kreativität trainieren hat jedoch bestimmt in jedem Klassenzimmer heute seinen Platz. Ich arbeite selbst seit fünf Jahren mit dieser Methode im Unterricht und sie hat sich bei den Lernenden bewährt. Die Einsatzmöglichkeiten sind schier unendlich und die Übungen, die Sie auf dieser Internetseite finden werden, sind Vorschläge, die beliebig abgeändert oder erweitert werden können. Dabei wirdt Ihrer Kreativität keine Grenzen gesetzt! Was jedoch nicht abänderbar ist, wenn man der Methode treu bleiben möchte, das sind die Rails-Regeln [2], an die jedesmal vor Beginn einer kreativen Aktivität erinnert werden muss. Sie garantieren einen sicheren kognitiven Rahmen, der unabdingbar ist, damit die Lernenden vertrauensvoll in den Prozess eintauchen können. Mit dem kreativen Arbeiten in einem schulischen oder universitären Kontext gewähren wir uns und den Lernenden Momente der Stille, des Innehaltens. Der Neurobiologe Gerald Hüther ist der Meinung, dass man nicht dann am kreativsten ist, wenn man sich beim Denken ganz besonders anstrengt. Arvo Pärt, einer der bekanntesten zeitgenössischen Komponisten, nennt die innerliche Stille als Voraussetzung für Kreativität. Sie sei wie fruchtbare Erde, die den Samen unserer Kreativität erwartet.“ […] Der Muße in unserem Leben einen Raum zu geben, in die Stille zu kommen, ermöglicht uns, in der Arbeit kreativer zu sein.“ [3]
Warum Kreativität bei den Lernenden stimulieren? Warum die Techniken des Neuen Kreativen Tagebuchs als pädagogisches Mittel in den Unterricht einführen?
Ich möchte diese Frage anhand meiner konkreten Erfahrungen mit der Einführung von künstlerischen und kreativen Übungen im Unterricht selbst und der Rückmeldungen der Lernenden in meinen Kursen beantworten. Mir haben sich bei der Ausarbeitung dieser Internetseite und den zahlreichen Lektüren neue Gedankenwelten geöffnet. Ich bin dabei einigen Philosophen begegnet und das hat meine Arbeit mit der Methode, sowie mein Verständnis von Kreativität unglaublich bereichert. Ein Postulat kreativen Arbeitens ist, dass Gedanken frei sind, und nicht in vorgegebene Formen eingesperrt werden sollten. Perspektivwechsel müssen wir ständig vollziehen, damit wir so nahe wie möglich an dem uns innenwohnenden Lebendigen bleiben. Und je kreativer und offener wir selbst mit unseren Gedanken umgehen, desto mehr Türen öffnen sich uns in Bereiche, die wir noch nie erforscht haben. Dogmatische Glaubenssätze und festgefahrene Gedankenmuster lösen sich auf und führen uns zu neuen Erkenntnissen über uns selbst und das Leben, das uns umgibt.
Um nun auf die eingangs gestellte Frage einzugehen, bediene ich mich der Form eines Akrostichons über das Wort Kreativität.
Das Akrostichon setzt sich aus den folgenden Elementen zusammen:
Kreativität neu entdecken
Respekt für sich selbst und die anderen begünstigen
Einen Platz der Poesie einräumen
Achtsamkeit üben
Training gegen Stress einführen
Individuelles Wohlbefinden und psychische Gesundheit fördern
Vertrauen verstärken
Intrinsische Motivation schaffen
Tuchfühlung mit unserem inneren Kind kultivieren
Ästhetische Kompetenzen schulen
Tasten und dabei lernen
Kreativität neu entdecken
„Wenn man alles neu und anders sieht, kann’s sein, dass And’res auch geschieht!“
Mary Poppins
Kreativität ist die Fähigkeit, originell, fantasievoll und schöpferisch zu denken, sowie etwas zu erfinden oder zu erschaffen, das neu und sinnlich erlebbar ist. Es ist die Fähigkeit, mit seiner Lebensenergie in Kontakt zu treten und sie in greifbare Formen umzusetzen. Oder, um es mit den Worten der amerikanischen Psychoanalytikerin und Geschichtenerzählerin Clarissa Pinkola Estés zu sagen,: „Die Kreativität ist ein Verwandlungskünstler, ein funkensprühender, flatterhafter Geist, der uns zwar allen erscheint, aber wie soll man ihn beschreiben, wenn jeder ihn anders wahrnimmt und ausdrückt? Schreiben, malen, eine Universität bauen – ja, das ist kreativ. Aber ist auch ein gut gebügelter Hemdkragen oder ein von Blumen gesäumter Gartenweg ein Beweis von Kreativität? Ja. (…) Die Suche nach verborgenen psychischen Goldstücken, das Tapezieren einer kahlen Wand, eine selbst genähte Gardine – all das und unendlich mehr entspringt dem Strom der Schöpferkraft…von dessen Fluten wir unentwegt durch das Leben getragen werden.“ [4]
Der Begriff selbst ist noch gar nicht so alt. Im Duden befindet er sich erst seit 1973. Das Wort „Kreativität“ leitet sich vom Lateinischen „creare“ ab, was so viel bedeutet wie „etwas neu schöpfen, erfinden, erzeugen, herstellen“. Kreatives Denken wird auch mit divergentem Denken in Verbindung gebracht. Darunter versteht man einen offenen und unsystematischen Denkvorgang, der Probleme spielerisch und experimentierfreudig löst. Das Gegenteil dazu wäre das konvergente Denken, ein Denkprozess, der einem analytischen Ansatz folgt und eine konkrete Lösung zu einem Problem sucht.
Kreatives Arbeiten mit Farben, Formen und diversen Materialien ist eine multisensorielle Erfahrung. Dabei werden Bereiche im Gehirn aktiviert, die in einem engen Netzwerk mit unseren Emotionen stehen. Emotionen wiederum sind verbunden mit Geschichten, eigenen Erfahrungen und Erlebnissen. Somit weiß man nie ganz genau im Voraus, was da aus unserem Unterbewusstsein auftauchen wird, während wir zum Beispiel eine Collage anfertigen. Als Lehrkraft müssen wir uns also dessen bewusst sein, dass unsere Lernenden immer etwas sehr Persönliches beim kreativen Arbeiten von sich preisgeben. Und das sollte behutsam und mit Wohlwollen behandelt werden.
Der kreative Schaffensprozess folgt einem Schema, das von Clarissa Pinkola Estés entwickelt worden ist und an dem sich auch die Methode des Neuen Kreativen Tagebuchs orientiert. Er spiegelt den kreativen Schaffensprozess als einen natürlichen Zyklus wider, der einem eigenen
Rhythmus folgt, in dem der Energiefluss immer wiederkehrende Höhen und Tiefen erlebt und dabei verschiedene Phasen durchläuft: Funke-Geburt-Höhepunkt-Entropie-Absturz-Tod-Inkubation-Funke. Nach diesem Schema gibt es Momente, in denen die Inspiration ausbleibt, Phasen im Leben, die weniger „glorreich“ sind als andere und in denen kreatives Schaffen nicht kontrollierbar ist. Und dann entsteht wieder ein Funke, der einen neuen Schaffensprozess auslöst. Unser natürlicher, positiver Energiefluss kann mit einschränkenden Glaubenssätzen, unseren Zweifeln, Ängsten, unserem ungesunden Perfektionismus sowie den gnadenlosen Kritiken der anderen, die wir sprachlos hinnehmen oder selbst verteilen, blockiert werden. Von diesen gilt es sich zu befreien und, um es mit den Worten Erich Fromms zu sagen, „Kreativität erfordert den Mut loszulassen.“
Was grenzt unsere Kreativität ein?
Das Bedürfnis nach Anerkennung, innere Ängste, Perfektionismus, Selbstzweifel, Abhängigkeiten, negative Glaubenssätze, Selbstkritik, und ein negatives Umfeld.
Was tut unserer Kreativität gut?
Das Spiel, aufmerksames Beobachten innerer Blockaden, Aktionen, der Respekt des eigenen Rhythmus, Selbstrespekt, der Schutz des Kreationsraums, das Wissen um den kreativen Schaffensprozess.
Welche Gehirnprozesse sind an der Kreativität beteiligt?
Gemäß den Studien des amerikanischen Psychologieprofessors Roger Beaty [5] (Penn-State-Universität) ist nicht nur ein Teil des Gehirns an der Kreativität beteiligt. Der kreative Prozess erfordert die Verbindung mehrerer Gehirnnetzwerke. Es handelt sich um eine Gruppe von Gehirnarealen, die sich verbinden, um komplexe Verhaltensweisen zu bilden, wie das Beobachten einer Landschaft, das Nachdenken während einer Schachpartie oder die Entscheidung, eine Straße zu überqueren. Dabei spielen drei große Netzwerke eine Rolle
- Das Default-Mode-Network oder Ruhezustandsnetzwerk
Wenn der Geist frei wandert, ohne ein bestimmtes Ziel, dann wird das Default-Mode-Netzwerk aktiver. Assoziationen und Ideen werden hervorgerufen, die irgendwo aus den Tiefen des Gehirns herbei gesammelt werden. Es ist besonders aktiv, wenn sich der Mensch in einem entspannten Ruhemodus befindet. Das passiert, wenn man zum Beispiel durch den Wald geht und neue Ideen spontan auftauchen, ohne dass man sie bewusst hervorgerufen hat. - Der präfrontale Kortex (PFC) oder die Steuerungszentrale
Dieses Netzwerk wird aktiviert, wenn Sie sich auf eine bestimmte Aufgabe konzentrieren möchten und Entscheidungen treffen müssen. Hier werden Informationen bewusst aussortiert, organisiert und verarbeitet. Das passiert zum Beispiel, wenn man im Büro ist und einen Bericht oder einen Aufsatz über ein bestimmtes Thema schreiben muss. Das einzige Problem: Die Idee oder Lösung, die man sucht, kommt nicht immer zum gewünschten Zeitpunkt. Diese Gehirnregion ist besonders wichtig bei der Verknüpfung mehrerer Informationen zu einem neuen, kreativen Gedanken. - Das Salience Network
Die Aufgabe des Salience Network ist es, Reize und Informationen zu bewerten und zu filtern. Dieses Netzwerk spielt eine besondere Rolle im kreativen Prozess. Es erkennt wichtige, neue oder ungewöhnliche Gedanken, die aus dem Default-Mode-Netzwerk kommen, und leitet sie dann an den präfrontalen Kortex weiter, wo sie bewertet und umgesetzt werden.
Laut Roger Beatys Forschung kommunizieren die drei Netzwerke umso mehr, je kreativer eine Person ist. Die Entstehung konkreter Lösungen würde also eintreten, wenn diese Gebiete aktiv zusammenarbeiten. Darüber hinaus würde eine ruhige Umgebung die Aktivierung des Default-Mode-Netzwerk fördern und gleichzeitig die Aktivität der Steuerungszentrale verringern. Dadurch könnten neue Ideen spontan entstehen und manchmal sogar – für die Glücklichsten unter uns – den «Eureka-Moment» schaffen. Deshalb erscheinen uns oft die besten Lösungen während eines Spaziergangs im Freien oder unter der Dusche.
Die Behauptung, dass die rechte Gehirnhälfte eher kreativ und die linke eher logisch sei, zählt heute zu den sogenannten Neuromythen. Die obenstehende Erklärung darüber, welche Netzwerke an einem kreativen Prozess beteiligt sind, zeigt, dass bei so einem komplexen Prozess wie der Kreativität viele verschiedene Strukturen zusammenarbeiten. Viele einzelne Netzwerke verbinden sich zu einem größeren Ganzen. Um ein Netzwerk bilden zu können, bedarf es der Neuronen). Ein Neuron ist eine Zelle des Nervensystems, deren Aufgabe es ist, Informationen weiter zu leiten. Neuronen sind miteinander verbunden und können sich gegenseitig beeinflussen. Dabei unterscheidet man zwei wichtige Funktionen: Hemmung (Inhibition) oder Erregung (Aktivierung, Verstärkung). Bestimmte Informationen oder Prozesse können also verstärkt oder abgeschwächt werden. Unsere Aufmerksamkeit kann auch auf diese Art und Weise beeinflusst und gesteuert werden. Entweder verstärken wir bestimmte Reize und Assoziationen oder wir hemmen sie und blenden sie aus. Für kreatives Denken bedarf es einer offenen, ungehemmten Aufmerksamkeit, die aus einer großen Auswahl an Informationen wählen kann. Gewisse emotionale Zustände wie Angst oder Zustände starker Fokussierung sind daher eher kontraproduktiv und wirken hemmend. Gleichzeitig bedarf es jedoch eines gedanklichen Rahmens, damit Ideen produziert werden können und nicht in ein uferloses Nichts verlaufen.
Eine wichtige Rolle bei einem Kreativitätsprozess spielen außerdem folgende Hormone:
Das Glückshormon Dopamin ist Teil einer positiven Erregung und eines starken inneren Antriebs. Es trägt laut Studien [6] maßgeblich zur Kreativität bei. Serotonin gilt ebenfalls als Glückshormon und erzeugt eine positive Grundstimmung. Angstzustände und Depressionen hemmen die Serotoninproduktion und können Kreativität stark einschränken. Schließlich spielt Acetylcholin eine wichtige Rolle. Es dient der Aufrechterhaltung von Aufmerksamkeit in kreativen Prozessen, beim Lernen und dem Bilden von Erinnerungen. Alle diese Hormone werden produziert, wenn das parasympathische Nervensystem aktiviert ist und das Steuer im Körper übernimmt. Psychischer Stress und die damit verbundene Produktion von Cortisol und Adrenalin wirkt stark hemmend auf die Kreativität.
Diese Erklärungen sollen aufzeigen, wie wichtig es ist, eine entspannte Lernatmosphäre zu schaffen. Wir können nur sehr schwer Neues lernen oder neue Gedanken bilden, wenn wir unter einem stetigen Lern- oder Leistungsdruck stehen. Kreatives Arbeiten ermöglicht es, den Körper und das Gehirn in einen Ruhemodus zu bringen.
Respekt für sich selbst und die anderen begünstigen
„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“
Emmanuel Kant [7]
Respekt bedeutet „Achtung oder Wertschätzung gegenüber einer Person, Meinung oder Lebensweise, ohne notwendigerweise die entsprechende Ansicht oder Lebensauffassung zu übernehmen.“ [8] Diese Definition von Respekt beinhaltet auch ein tolerantes, höfliches und ehrliches Verhalten nicht nur gegenüber anderen, sondern auch gegenüber sich selbst. Wir haben alle einen kleinen Saboteur in uns, eine innere Stimme, die uns ständig kritisiert, zensiert und mit uns schimpft: Das ist mal wieder ganz typisch für dich! Du wirst das nicht schaffen! Das hättest du auch besser machen können! Den ganzen lieben langen Tag quälen wir uns selber und schaffen es nicht, uns etwas Gutes zu tun. Schlimmer noch: Wenn ich mich ehrlich selbst lobe, dann gilt das als arrogant oder hochnäsig, was dieser furchtbare Spruch: „Eigenlob stinkt!“ sehr gut zusammenfasst. Dieser Stimme suchen wir Einhalt zu gebieten, ihr nicht zu folgen, wenn wir kreativ arbeiten und uns so spontan, naiv und unvoreingenommen wie möglich zu verhalten, tolerant und behutsam mit uns selbst zu sein. Das heißt auch, verstehen zu lernen, welches Bedürfnis sich hinter dieser Stimme oder auch Emotion verbirgt, um ihm gerecht zu werden. Diesem Bedürfnis schenken wir unsere Aufmerksamkeit, behandeln es achtsam und fragen uns, wie wir es befriedigen können.
Respekt gegenüber den anderen ist eine sehr wichtige Voraussetzung, damit eine Arbeit in der Gruppe möglich ist. Das heißt, dass ich meine Mitmenschen nicht mit heftig formulierten Wahrheiten konfrontiere, sondern in einem Ton und mit Worten, die die Verletzbarkeit und Integrität meines Gegenübers berücksichtigt. Aktives Zuhören ist dabei eine wichtige Voraussetzung, um Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden.
In der Kommunikation gibt es das sogenannte Sender-Empfänger Prinzip. Das heißt, der Sender überträgt eine Nachricht an einen Empfänger und verschlüsselt die Nachricht mit bestimmten Signalen (Worten, Gesten, Ton…). Der Empfänger erhält die Nachricht und versucht sie zu entschlüsseln und erhält somit die ursprüngliche Information. Ob die gesendeten und empfangenen Nachrichten übereinstimmen, hängt von zahlreichen subtilen Störquellen ab. Anscheinend kommen nur zehn Prozent der ursprünglichen Nachricht beim Empfänger an. Das erklärt unter anderem die vielen Missverständnisse, die in einer zwischenmenschlichen Kommunikation entstehen können. Hinzu kommt, dass das Gewicht der Worte in einer kommunikativen Situation nur ungefähr sieben Prozent des Gesamtgewichtes einnehmen. Dazu kommen 38 Prozent für die Stimme und 55 Prozent für die Körpersprache. Die gewaltfreie Kommunikation hat sich sehr stark mit dem Thema des aktiven und empathischen Zuhörens beschäftigt und folgende Richtlinien gegeben: Wenn jemand spricht, dann hören wir einfach nur zu und vermeiden, zu trösten, zu beraten, zu moralisieren zu verallgemeinern, von uns selbst zu reden, zu bewerten, in Frage zu stellen, zu analysieren, zu sympathisieren, zu argumentieren und zu beraten. Als Reaktion auf etwas Gesagtes könnte man es noch einmal neu formulieren, um sich zu vergewissern, dass man es richtig verstanden hat, oder offene Fragen stellen. Dabei sollte man innerlich offen und disponibel sein. Nur so können wir unser Gegenüber bewusst wahrnehmen und Empathie empfinden.
Einen Platz der Poesie einräumen
„Echte Poesie kann kommunizieren, bevor sie verstanden wird. Der Sinn wird zuerst von der Seele und nachher vom Verstand erfasst.“
George Eliot [9]
Gedichte laut vorzulesen als Einstieg in ein vorgeschlagenes Thema, sieht die Methode des Neuen Kreativen Tagebuchs nicht explizit vor. Dieses Element habe ich eingeführt, nachdem ich selbst erfahren habe, wie sehr ein Gedicht Geist und Herz öffnen kann. Poesie verfolgt keinen bestimmten Zweck und dient keiner Sache, es sei denn, es handelt sich um „engagierte Literatur“. Sie erlaubt es uns, mit dem tief Menschlichen, das uns allen innewohnt, in Kontakt zu treten. Und das erscheint mir in der heutigen digitalen Welt, die uns immer mehr dazu einlädt, uns von uns selbst zu entfernen, notwendiger denn je. Poesie konzentriert sich auf das Wesentliche, drückt unbefangen und befreit jeglicher Konventionen die Realität des Dichters oder der Dichterin aus. Ihre Worte sind wie nackt und präzise im Ausdruck. Poesie in unserer heutigen Zeit ist nicht mehr eine Frage von Konventionen. Das Gedicht wählt seine eigene Form, sie wird ihm nicht mehr aufgezwungen. Es beugt sich Gesetzen, die der Dichter/die Dichterin durch eine innere Disziplin fühlt, wenn er/sie sich anerkennt.
Der Stellenwert der Poesie hat in den letzten Jahrzehnten abgenommen. Sie ist nicht mehr ein gemeinsames Anliegen und wurde stattdessen als eine Sache der Vergangenheit, als ein Luxus einiger Eingeweihter verbannt. Noch in der Romantik hatte sie einen wichtigen Platz. Deutsche Dichter wie Eichendorff, Hölderlin oder Rilke mussten sich nicht rechtfertigen, Gedichte zu schreiben. Die damalige Gesellschaft gewährte ihnen die Freiheit, sich zum Dichter zu erklären, und wenn sie angefochten wurden, wenn sie kämpfen mussten, ging es nicht um das Recht oder die Anerkennung, Poeten zu sein oder nicht, es ging dann um andere Inhalte. Und noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Veröffentlichung eines Gedichts der beste Weg für einen jungen Schriftsteller, bekannt zu werden. Ihren letzten Ruhm erlebte sie im Zweiten Weltkrieg, als Dichter aus ihr die Stimme des Widerstands machten. Seit den 60er Jahren ist sie fast in Vergessenheit geraten, sie wurde in den Zeitungen nicht mehr erwähnt. Aber sie überlebte, obwohl die Öffentlichkeit ihr den Rücken kehrte. Sie wurde Spezialistin, fand Zuflucht an Universitäten oder kulturellen Einrichtungen, wo sie noch studiert wird. In den Deutschstunden der Oberstufe sind Gedichtinterpretationen nach wie vor gefürchtet und werden als anstrengend und langweilig empfunden. « Das braucht man doch gar nicht im Leben. » Warum also sich heute noch für Poesie interessieren? Die amerikanische Lyrikerin Sylvia Plath [10] formulierte die Antwort auf diese Frage mit dem folgenden Gedicht:
« Du fragst, warum mein Leben Schreiben ist
Ob es mich unterhält?
Die Mühe lohnt?
Vor allem aber, macht es sich bezahlt?
Was wäre sonst der Grund??
Ich schreib allein
Weil eine Stimme in mir ist,
Die will nicht schweigen »
Es ist schwierig, Poesie über eine einzige literarische und kritische Analyse hinaus zu lehren. In Zeitungen und Zeitschriften wird darüber berichtet, wie man sich an eine kranke alte Tante erinnert, die man manchmal besuchen muss. Es ist, als ob die Poesie Angst und Langeweile hervorrufen würde. Man wagt jedoch nie, sie aus der Nähe zu betrachten. Die Welt, in der wir leben, lehnt sie ab. Deshalb haben wir das Gedicht zu einem «Kulturobjekt» gemacht: Der Raum, in dem es sich entfaltet, hat immer etwas von einem Museum. „Aber die Poesie ist etwas ganz anderes als ein Gegenstand der Studie. Sie ist äußerst gegenwärtig und lebendig. Sie betrifft die menschliche Wahrheit auf eine ganz andere Weise als die Wissenschaft, die Philosophie oder sogar die religiöse Meditation, der sie oft so nahe ist.“ [11]
Ein Gedicht spricht direkt unser Herz, unsere Gefühle an und jede Person wird von etwas anderem berührt werden. „Das Wesentliche kann man nur mit dem Herzen sehen“, sagt der kleine Prinz bei St. Exupéry. „Der Schlüssel zu diesem Wissen liegt nicht in der schulischen Rezitation, sondern in der Liebe“, sagt der französische Philosoph Fabrice Midal [12], wenn es um die Frage geht, wie ein Gedicht rezipiert werden sollte. Allein die Liebe lässt einen wirklich ein Gedicht festhalten, man will es besitzen. Jeder, der sein Herz – ja, sein Herz, das heißt das Zentrum des Seins – dieser Erfahrung öffnet, wird für immer davon geprägt sein. In der Tat ermöglicht Poesie einen Zugang zu einer wesentlichen Dimension unserer Menschlichkeit. Und weil diese Erfahrung für alle möglich ist, ohne dafür studiert haben zu müssen, ist es so traurig, dass heute so viele Menschen sie nicht mehr machen. Wir Lehrer.Innen selbst nehmen oft mit viel Widerwillen Gedichte im Unterricht durch und wissen nicht so genau, wie wir damit umgehen sollen. Es gleicht dem Besuch, den wir einer alten kranken Tante ab und zu einmal ohne große Begeisterung abstatten müssen. Nichts kann ein Gedicht jemals gänzlich erklären oder erschöpfen. Und deshalb sollte die Theorie nie an erster Stelle stehen. Die höchste Qualität eines Lesers besteht gemäß den Worten von Jean-Yves Masson darin, „sich mit Bescheidenheit überraschen zu lassen. Die Wahrheit des Gedichts liegt in der Erfahrung, die es geboren hat, und diese Erfahrung ist es, die wir über die Lektüre erreichen können, wenn wir es verstehen zu schweigen, um sie zu erhören.“ [13] Um sich Poesie zu nähern, muss man sich also Zeit nehmen. „Vielleicht ist eben Mühe und genaueres Hinsehen nötig, um sich mit den Bedeutungen und Facetten von Gedichten zu beschäftigen und sie zu verstehen. Man muss sich Zeit nehmen und sich vom schnellen Rhythmus der digitalen und schnelllebigen Bilderwelten abgrenzen.“ [14] Und wozu dient die Poesie? Dazu möchte ich die Worte Gottfried Benns zitieren: „Die Dichtung bessert nicht, aber sie tut etwas viel Entscheidenderes: sie verändert. (…) Sie hebt die Zeit und die Geschichte auf, ihre Wirkung geht auf die Gene, die Erbmasse, die Substanz, ein langer innerer Weg. Das Wesen der Dichtung ist unendliche Zurückhaltung, zertrümmernd ihr Kern, aber schmal ihre Peripherie, sie berührt nicht viel, das aber glühend ».
Mit Poesie kann also ein Thema eingeleitet werden. Sie wird aber auch und vor allem als kreative Schreibaktivität eingesetzt. Es geht dabei um eine spielerische Art und Weise, mit der Sprache umzugehen: Wortspiele, einfache poetische Formen wie das Akrostichon, Haiku oder Pantoum. Lernende können sich der deutschen Sprache freier nähern und ein tieferes Gefühl für Worte und Satzstrukturen entwickeln. Anstatt zu versuchen, die Worte zu verstehen, eine Botschaft zu erkennen, werden wir das Gedicht einfach spüren: seine Farbe, seinen Rhythmus, seine Tonalität, seine Melodie. Wir werden mit den Schwingungen in Kontakt treten, die vom Gedicht ausgehen, wir verbinden uns mit unserer inneren sensiblen Welt, mit uns selbst. Das Gedicht öffnet uns einen Raum der Freiheit und des Atems, den wir erkunden möchten. Es öffnet uns eine andere Welt und bewegt uns. Dieser durch das Gedicht offen gelegte Raum ist größer als unser Raum, der von wiederkehrenden und üblichen Sorgen und Gedanken bevölkert ist. Er gibt uns eine ganz andere Welt zu sehen, zu riechen, zu schmecken. Poesie und Kunst bewegen uns, weil sie uns in einen Raum bringen, der uns unbekannt ist, wo es nichts zu verstehen gibt, nichts zu analysieren. Wir hören zu, was einfach ist, wir akzeptieren es, nicht zu verstehen, wir lassen unsere Sinne sprechen. Es befreit uns von der Kontrolle über uns selbst und über das Leben. Wir hören eine andere Sprache, einen anderen Rhythmus. Es geht nicht darum, zu verstehen, sondern einfach zuzulassen, die Melodie des Gedichts zu hören und zu fühlen, ob es uns berührt. Es ist außerhalb einer Welt, in der wir alles kontrollieren, es bringt uns in Kontakt mit einer sensiblen Welt.
Der folgende Satz ist eine sehr schöne Definition von Poesie: «Die Poesie ist der erste Millimeter Luft über der Erde.» Wir brauchen diesen ersten Millimeter Luft, wenn die Dinge ein wenig zu schwer werden, wenn wir zu beschäftigt sind mit dem, was wir tun müssen oder der Angst. Dann können wir uns an diesen ersten Millimeter Luft erinnern. Es geht nicht darum, 2000 Fuß über der Erde zu schweben, nur einen Millimeter. Um diesen Satz zu illustrieren, zitiert der französische Philosoph Fabrice Midal in einem Poadcast [15] über Poesie einige Bemerkungen der Philosophin Hannah Arendt, die schreibt: „Große Kunstwerke werden genauso unangemessen benutzt, wenn sie dem Zweck der Erziehung oder der persönlichen Vollkommenheit dienen, wie wenn sie irgendeinem anderen Zweck dienen. […] Es kann genauso legitim sein, sich ein Bild anzusehen, um seine Kenntnisse über eine bestimmte Zeit zu vertiefen, wie es nützlich und legitim ist, ein Gemälde zu verwenden, um ein Loch in einer Wand zu verstopfen.“ Jedes Mal, wenn ein Kunstwerk irgendeinem Nutzen gedient hat, hat man es schon verloren. Und mit der Poesie ist es genau dasselbe. Es ist der erste Millimeter Fläche für nichts. Für das Glück, einfach nur zu sein. Um zu feiern, was ist, sich den Dingen zu nähern. Und in diesem Sinne hat die Poesie eine außerordentliche Widerstandskraft, denn sie widersteht jedem Nutzen, sie widersteht dem Konsum. Das hat Pasolini auch gesagt: „Man kann das gleiche Buch der Poesie tausende Male lesen, man konsumiert es nicht.“ Manchmal erscheint es uns peinlich, dass wir Poesie nicht verstehen, sie widersteht jedem unmittelbaren Verständnis. Aber im Grunde brauchen wir diesen Widerstand vielleicht heute am meisten. Ich meine damit, dem Postulat zu widerstehen, das alles transparent, effektiv, sofort verständlich, nützlich oder instrumentalisierbar sein muss, um den Sinn unserer Menschlichkeit wieder zu spüren, dass wir hier sein können, in diesem Moment, nur für das einfache Glück, zu sein.
Jeder von uns kann Gedichte lesen oder ihnen lauschen und für sich etwas davon mitnehmen. Zu jedem Kapitel hier auf dieser Internetseite werden eine Reihe von Gedichten bereitgestellt, die vor der Durchführung einer kreativen Aktivität einfach nur laut vorgelesen werden können, ohne notwendigerweise irgendeine Gedichtanalyse durchzuführen. Das Lesen eines Gedichtes vor Beginn der kreativen Aktivitäten ermöglicht es uns, einen Raum zu öffnen, der größer ist als wir selbst, und der unserer Vorstellungskraft neue Wege aufzeigen kann.
Achtsamkeit schulen
„Die Bildung wird täglich geringer, weil die Hast größer wird.“
Friedrich Nietzsche
Mit anderen Menschen und mit sich selbst achtsam umzugehen, bedeutet präsent zu sein, sich und die anderen wahrzunehmen und ihnen Wertschätzung entgegenzubringen. Im Bildungsbereich heißt das, dass Erfahrungen, die im gegenwärtigen Moment geschehen, vorurteilsfrei akzeptiert werden. „Somit bedeutet achtsam sein, die Gedanken im Hier und Jetzt zu konzentrieren und die im Alltag erlebten Dinge nicht zu bewerten, sondern ihnen mit einer offenen Haltung zu begegnen. In dieser Präsenz wird es möglich, Körper und Geist in Einklang zu bringen und die Fähigkeit zu entwickeln, die ganze Aufmerksamkeit nur einer Sache zur gleichen Zeit zu widmen.“ [16] Das, was Alexandra Andersen über Achtsamkeit sagt, entspricht auch dem kreativen Arbeiten mit der Methode des Neuen Kreativen Tagebuchs. Die Erfinderin Anne-Marie Jobin benutzt die Metapher des „sich Verankerns“. Wir lassen unseren Anker auslaufen, um in die innere Welt unserer Gefühle und unseres Körpers abzutauchen und zu unserem eigentlichen Wesen zurückzukehren – zu dem, was in uns am lebendigsten ist. Da wir zum größten Teil dazu neigen, uns von der unaufhörlichen Aktivität des Mentalen und der umgebenden Unruhe verführen zu lassen, brauchen wir Übung, um in diesen Raum zu gelangen. Es ist kein Ziel, sondern ein Weg, uns mit unserer eigenen Natur zu verbinden. Die vorgesehenen kreativen Aktivitäten und der Weg zu mehr Achtsamkeit sind zwar sehr verschieden, aber das, was wir zulassen wollen, und dem wir uns öffnen wollen, sind im Prinzip sehr ähnlich. In der Pädagogik heißt das, bei dem zu sein, was ist, und nicht auf das zu schielen, was sein sollte. Aber es bedeutet auch, in dem, was ist, zu erkennen, was sich zeigen und entfalten will. Das Neue Kreative Tagebuch unterscheidet sich von den eher meditativen Achtsamkeitsübungen dadurch, dass es sich um eine Aktivität mit der Materie handelt. Wenn wir dem, was uns beschäftigt, eine greifbare Form geben, entsteht eine für die Sinne wahrnehmbare Distanz zwischen dem, was innerlich, gefühlsmäßig passiert, und der Beobachterposition, die wir einnehmen: Hier geben wir einem Gefühl in Farben und Worten eine Form auf dem Papier und gleichzeitig beobachten wir es. Auf diese Weise erlaubt das Tagebuch die Entwicklung einer Beobachterposition. Allmählich schaffen wir es, uns nicht mehr von dem, was auf der Oberfläche unseres Lebens passiert, mitreißen zu lassen. Wenn wir es Lernenden immer wieder ermöglichen, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, über die eigenen Gefühle zu reflektieren und eine bewusste und positive Haltung sich selbst gegenüber zu entwickeln, dann können Werte entstehen, die sie aus dem Unterricht in die Gesellschaft tragen und die zu einer demokratischen Kultur beitragen können. Außerdem lernen sie, sich auf eine Sache zu fokussieren und sich bewusst mit ihr auseinanderzusetzen. Dabei können schwierige Gefühle aufkommen, wie zum Beispiel Prüfungsängste. Mit dem Neuen Kreativen Tagebuch lernen sie eine Methode kennen, die ihnen hilft, sich nicht mehr nur als Opfer ihrer eigenen Gefühle zu empfinden, sondern sie lernen, damit besser umzugehen, sie besser zu verarbeiten. Diese Methode kann ihnen eine wertvolle Helferin nicht nur im Schulalltag, sondern auch in ihrem persönlichen Leben und im späteren Berufsleben sein.
Mit den kreativen Aktivitäten soll kein bestimmter Leistungsstand erreicht werden, auch wenn sie an das Sprachen lernen gekoppelt sind. Es können damit individuelle Herausforderungen aufgegriffen und Einzelfähigkeiten trainiert werden. Die Lernziele sind nur zum Teil messbar und jegliche Bewertung, die schullaufbahnrelevant ist, sollte wegfallen. Wichtig ist es, den Lernenden den Sinn und Zweck der Übungen zu erklären, damit sie sich den manchmal herausfordernden und für den Schul- oder Universitätsalltag eher außergewöhnlichen Übungen besser widmen können. Und schließlich, wie bei jedem pädagogischen Mittel, ist es fundamental, dass die Lehrperson überzeugt von dessen Pertinenz ist. Wenn man selbst am eigenen Körper und Geist die positiven Wirkungsmöglichkeiten kreativen Arbeitens mit dem Neuen Kreativen Tagebuch erfahren hat, dann wird man auch die Lernenden dafür begeistern können. Authentizität und Toleranz gegenüber den Reaktionen der Lernenden sind dabei die besten Helfer. Ich möchte zu der Haltung des Lehrpersonals die folgende Weisheitsgeschichte zur Illustration aufgreifen, die von Alexandra Andersen in ihrem Buch angeführt wurde: „Als ein Meister gefragt wurde, was man tun kann, um alle Lebewesen auf der Erde zu retten, antwortete er, es sei das Gleiche, wie der Sonne beim Aufgehen zu helfen. Auf die enttäuschte Reaktion des Fragenden, dass man dann ja gar nichts machen könnte, gab der Meister die Antwort: „Doch, sei einfach wach, wenn die Sonne aufgeht.“ [17] Konkret könnte das bedeuten, dass man sich bewusst auf das einlässt, was der Tag an inneren und äußeren Begegnungen mit sich bringt, ohne sich von den bewertenden Mustern aus der eigenen Biografie leiten zu lassen. „Nur wenn Sie erkennen, dass Sie nirgendwohin kommen müssen, um zu sich selbst zu finden, sondern dass es gilt, hier und jetzt zu sein, legen Sie gerade im Bildungswesen einen Grundstein für Gesundheit, Resilienz, Wertschätzung, Vertrauen und Toleranz.“ [18] Jede kreative Aktivität kann mit einer der in den verschiedenen Aktivitäten zusätzlich vorgeschlagenen Atem,- Entspannungs,- oder Achtsamkeitsübungen eingeführt werden. Das erlaubt gleich zu Beginn des Unterrichts Stress und Ängste runter zu fahren und Konzentrationsfähigkeit und Kreativität zu fördern.
Ich möchte abschließend eine Kollegin zitieren, die an einem Fortbildungswebinar des Goethe-Instituts zur Verwendung der Techniken es Neuen Kreativen Tagebuchs im Deutschunterricht teilgenommen und gleich die Aktivitäten im Unterricht eingeführt hat : „Am Dienstag durfte ich bei Ihrer Fortbildung eine für mich ganz neue Herangehensweise an den Deutschunterricht kennenlernen. Sie haben mich so inspiriert, dass ich bei der Arbeit an dem Lied « Ich gehe meinen Weg » (Muckemacher) mit den 15-jährigen Schülerinnen und Schülern meiner 10. Klasse sofort mit dem Fußabdruck gearbeitet habe. Die SuS haben das Lied gehört, konnten den Text mitlesen und haben ihren Fußabdruck aufgezeichnet und anschließend mit Buntstiften dekoriert. Die Sätze oder Wörter, die ihnen wichtig waren, haben sie dazu geschrieben. Ich war begeistert von der ruhigen, konzentrierten Atmosphäre und dem guten Gespräch im Anschluss daran, das sich ganz spontan ergeben hat und werde mit Sicherheit noch weitere Ideen aus ihrer Schatzkiste ausprobieren.“
Training gegen Stress einführen
„Du existierst nicht, um die Welt zu beeindrucken.“
Regis Carlo
Unsere Lernenden sind im heutigen Schul- oder Universitätssystem, sowie durch die angsterfüllte Atmosphäre in unserer heutigen Gesellschaft und in der ganzen Welt einem permanenten Druck ausgesetzt, der sehr viel Stress und Ängste bei ihnen erzeugt. Bietet man ihnen eine Unterrichtsstunde kreativen Arbeitens an, dann gibt man ihnen die Möglichkeit, den Jetzt-Moment zu erleben, in einen inneren Ruhestand zu kommen und mit den ihnen innewohnenden Energiequellen in Kontakt zu treten, um letztendlich besser mit diesem permanenten Druck umgehen zu können und nicht den Mut aufzugeben, etwas in dieser Welt verändern zu wollen.
Was ist Stress? Was versursacht Stress in uns Menschen? Diese Frage zu beantworten, scheint mir sehr wichtig, da Stress ein Faktor ist, der sowohl das Wohlbefinden der Lernenden als auch ihre Fähigkeit, sich auf einen Lernprozess einzulassen, stark beeinflusst. „Als Stress im gesundheitspsychologischen Sinne bezeichnet man eine körperliche und psychische Reaktion eines Menschen auf eine für nicht bewältigbar wahrgenommene Situation.“ Die Gesundheitsberichterstattung des Bundes definiert Stress als einen „Zustand der Alarmbereitschaft des Organismus, der sich auf eine erhöhte Leistungsbereitschaft einstellt“ [19] Körperliche und psychische Reaktionen werden in Gang gesetzt, um auf die wahrgenommene Belastung durch bestimmte äußere Reize (Stressoren) zu reagieren. Stress dient dazu, sich an verändernde Situationen und Umweltbedingungen anzupassen. Stress ist also im Prinzip lebensnotwendig. Man unterscheidet im Allgemeinen zwischen physischen (z.B. Wärme, Kälte, Staub, Strahlung, mechanische Einflüsse) und psychischen (z.B. Zeitdruck, Ärger mit Freunden, Familie oder Kollegen, Trauer, Beziehungsprobleme, Überforderung, Unterforderung) Stressfaktoren. Bei psychischen Reizen, wie zum Beispiel der Angst, etwas nicht schaffen zu können, werden biochemische Vorgänge in Gang gesetzt, die von der Person selbst, von ihren Gedanken verursacht und beeinflusst werden und nicht direkt von äußeren Einflüssen abhängig sind.
Zuständig für unsere Fähigkeit, auf unsere Umwelt blitzschnell zu reagieren, ist das autonome Nervensystem. Es besteht aus dem sympathischen und parasympathischen Nervensystem. Dieses System reagiert auf Stressfaktoren. Der Sympathikus wird Energie mobilisieren, um Flucht und Kampfreaktionen auszulösen. Seine Aktivierung sorgt für eine Stimulation der Nebennieren und des Nebennierenmarks, welches die Hormonausschüttung von Kortisol, Adrenalin und Noradrenalin bewirkt Die Herzschlagfrequenz und die Atmung werden beschleunigt, die Bronchien werden erweitert, um mehr Sauerstoff zur Verfügung zu stellen. Andere Systeme des Körpers werden in dieser Zeit jedoch gehemmt oder vermindert aktiviert, wie zum Beispiel die Verdauung. Sein Gegenspieler, der Parasympathikus schüttet Acetylcholin, Dehydroepiandrosteron/DHEA, Oxytocin aus, um den Körper wieder in den Ruhemodus zu bringen und ein Gefühl des Wohlbefindens zu erzeugen.
Im Zentrum des menschlichen Gehirns befindet sich das limbische System. Es bestimmt, was als langfristige Informationen abgespeichert wird und bestimmt somit unser Erinnerungsvermögen. Es steht in engem Zusammenhang mit unseren Überlebensinstinkten. Hier wird auch das Hormon Cortisol produziert, wenn wir in eine Stresssituation kommen. Zeitweise kann dabei unser höheres Denken beeinträchtigt werden, denn das Gehirn ist vollauf damit beschäftigt, sich der unmittelbaren Bedrohung zu stellen und unseren Körper auf eine Reaktion vorzubereiten. Diese Tatsache scheint mir sehr wichtig, in Betracht zu ziehen, wenn wir Lernprozesse fördern möchten. Die körperliche und psychische Sicherheit unserer Lernenden müssen also garantiert sein, damit sie sich kognitiv auf das Lernen einlassen können. In das limbische System eingebettet liegt der Hippocampus. Im Rahmen der Gedächtnisbildung arbeitet der Hippocampus als eine Art Zwischenspeicher des Gehirns. „In Ruhephasen, wie beispielsweise im Schlaf, werden Informationen, die vorher aufgenommen wurden, verfestigt und zur endgültigen Speicherung in andere Hirnbereiche weitergeleitet.“ [20]
Ein weiterer wichtiger Punkt in Bezug auf Stressempfinden sind die Emotionen. Wir Menschen achten und reagieren auf Dinge, die Emotionen bei uns auslösen, viel schneller und mit mehr Aufmerksamkeit als auf Dinge, die wir über Logik und rationales Denken erfassen. Emotionen sind ein fester Bestandteil eines Lernprozesses und nicht davon abgelöst zu betrachten. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei jeglicher Informationsverarbeitung im Gehirn und sind wichtig, um effizient denken zu können. Aufgrund der emotionalen Natur unseres Gehirns spielen deshalb positive und negative Erfahrungen eine wichtige Rolle bei der Aufnahme und Abspeicherung von Informationen. Für Lehrkräfte ist es daher wichtig, auch die Vorgeschichte ihrer Lernenden zu kennen und positive Auslöser für Erinnerungen zu schaffen. Das Verknüpfen ihrer eigenen Geschichten, Interessensgebiete sowie Dingen, die sie für bedeutend im Leben betrachten, fügt eine emotionale Schicht im Unterricht hinzu und hilft, die Aufmerksamkeit der Lernenden zu stimulieren. Es ist wichtig, eine warme und einladende Atmosphäre in der Klasse zu schaffen, die auf Vertrauen und gegenseitigem Respekt basiert. In einer positiven Lernumgebung setzt das Gehirn Endorphine und Hormone frei (siehe Parasympathikus), die verantwortlich für ein Gefühl von Euphorie und Wohlbefinden sind, und die wiederum die Stirnlappen des Gehirns stimulieren, die als Kontrollzentrum des Denkens fungieren. „Stress und Angst schaden der Fähigkeit zu lernen und blockieren buchstäblich die neuronale Plastizität.“ [21] Über das kreative Arbeiten wird das parasympathische Nervensystem stimuliert und somit Stress abgebaut, der Körper kommt in einen Entspannungszustand – die beste Voraussetzung, um sich neues Wissen anzueignen und abzuspeichern.
Die Wirkungskraft der Methode des Neuen Kreativen Tagebuchs liegt außerdem darin, dass wir über die Arbeit mit unseren Händen und den verschiedensten Materialien unseren Stress regelrecht „verarbeiten“: zerreißen, ausschneiden, kleben, malen, knittern, formen und das Bildmaterial in Collagen neu organisieren… Das alles entspricht einem wahren alchemistischen Prozess, aus dem wir wie „geläutert“, befreit von momentanen Blockaden und inneren, durch Stress verursachten Spannungen wieder auftauchen. Wir können uns körperlich immer mehr von unserer Ruhelosigkeit, Nervosität und Aufregung lösen. Die Gedanken werden über das kreative Arbeiten auf etwas anderes abgeleitet, eine Art Ablenkung weg von den negativen Gedanken hin zum Jetztmoment. Es handelt sich um eine „Polarisation der Aufmerksamkeit“ auf eine Tätigkeit, wie es die Ärztin und Pädagogin Maria Montessori genannt hat, die das Individuum völlig einnimmt: In diesem Moment nähre ich das, was lebendig in mir ist und löse mich aus den einschränkenden Gedanken, aus meiner inneren Zwangsjacke. Der Neurobiologe Gerhard Hüther erklärt in seinem Buch „Die Macht der inneren Bilder“, wie ungesund und ungeeignet Druck ist, wenn sich neue Gedankengänge entwickeln sollen. Das aber wird von den Lernenden oft erwartet. Wir wünschen uns als Lehrpersonal, dass sie offen für neue Erfahrungen und kreativ bleiben. „Und kreativ kann man immer nur dann sein, wenn kein Druck herrscht, wenn Bedingungen herrschen, wo man gewissermaßen die verschiedenen, im Hirn verfügbaren Wissensschätze oder inneren Bilder frei und ungezwungen miteinander verbinden kann. Immer dann, wenn Druck ausgeübt wird, fällt man als Kind genauso wie als Erwachsener in bereits etablierte Muster zurück, denn die bereits gebahnten und gefestigten inneren Muster sind natürlich das Mittel, mit denen man normalerweise am schnellsten vorankommt.“ [22]
Individuelles Wohlbefinden und psychische Gesundheit fördern
„Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort, und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort.“
Joseph Freiherr von Eichendorff [23]
Wie fördert Kreativität psychische Gesundheit und Wohlbefinden?
Unter psychischer Gesundheit versteht man laut Definition der Weltgesundheitsorganisation einen Zustand des geistigen Wohlbefindens, der es Menschen ermöglicht, mit den Belastungen des Lebens fertig zu werden, ihre Fähigkeiten zu erkennen, gut zu lernen und zu arbeiten und zum Leben in ihrer Gemeinschaft beizutragen. Kann kreatives Arbeiten dazu beitragen, Stress abzubauen? Mit dieser Frage hat sich Kate Wood [24] in ihrem Ted Talk mit dem Titel „How does creativity benefit mental health and wellbeing?“ [25] beschäftigt. Künstlerische Tätigkeiten erlauben, eine Pause von dem permanenten Stress, in dem wir uns in unserem alltäglichen Leben befinden, zu machen. Wir dürfen und sollen uns einen kurzen oder längeren Moment lang nur auf die künstlerische Aktivität konzentrieren. Dabei können wir in einen sogenannten „Flow-Zustand“ gelangen, auch „optimale Erfahrung“ genannt. Der Begriff «Flow» wurde von Personen geschaffen, die diese Erfahrung gemacht haben. Sie erklärten, dass sie das Gefühl hatten, von einem Fluss getragen zu werden und das Gefühl von Raum und Zeit für einen Moment aufgehoben war. Dieses Konzept wurde von Mihaly Csikszentmihalyi, Doktor der Psychologie an der Universität von Chicago, ab den 70er Jahren entwickelt. Er konzentrierte seine Arbeit auf das Gefühl der Zufriedenheit, das man empfinden kann, wenn sein ganzes Wesen voll konzentriert ist, wenn man mit einer Aufgabe oder Handlung, die einen erfüllt, beschäftigt ist. Seine Werke zu diesem Thema sind Klassiker der positiven Psychologie geworden. Was ist „Flow“ oder das optimale Erlebnis?
Wir bezeichnen es manchmal als „Zustand der Gnade“: ein Moment, in dem wir buchstäblich unser Zeitempfinden verlieren, in dem wir das Gefühl haben, zu hundert Prozent bei dem zu sein, was wir tun, und dies auf die bestmögliche Weise zu tun. Das Gehirn konzentriert sich auf ein motivierendes Ziel und mobilisiert gleichzeitig die Fähigkeiten und Ressourcen für dieses Ziel. Der „Flow“ verbindet starke Motivation, maximale Konzentration, mobilisiert unsere Emotionen und sensorischen Fähigkeiten, um effektiv zu lernen und zu handeln. Der positiven Psychologie zufolge sind „optimale Erfahrungen“ der Schlüssel zum Glücksgefühl. Zu den Zutaten, die zusammengetragen werden müssen, um das Erlebnis des „Flow“ zu fördern, gehört das Vorhandensein eines klar definierten Ziels oder einer Herausforderung mit sofortigem Feedback, damit sich eine Person anpassen kann. Aber die Herausforderung muss auch den Kompetenzen entsprechen. Wenn die Herausforderung nicht genügend hoch ist, ist Langeweile nicht weit entfernt. Wenn die Fähigkeiten einer Person der Herausforderung nicht gewachsen sind, lauern Frustration, Angst und Demotivation.
Menschliche Gehirnwellen sind neuronale Aktivitäten, das heißt elektrische Muster. Diese Muster werden von Neuronen im Gehirn erzeugt und können dank der Elektroenzephalographie (EEG) gemessen werden. Diese verschiedenen Gehirnwellen sind jeweils mit bestimmten mentalen Zuständen und Aktivitäten verbunden. Wenn sich Menschen in einem Zustand des „Flow“ befinden, dann liegen die Gehirnwellen, laut neurologischer Untersuchungen, in den Alpha- und Theta-Bereichen. Das sind die Bereiche, in denen sich eine Person am wohlsten fühlt, entspannt und auch am kreativsten ist. Außerdem sind „Menschen im Theta-Bereich extrem bereit und fähig, neue Sprachen zu lernen.“ [26] Im „Flow-Zustand“ schüttet das Gehirn unter anderem die Hormone Serotonin, Dopamin und Oxytocin aus. Das Serotonin versetzt uns in einen Entspannungszustand und verringert Angstzustände, Dopamin erzeugt Motivation und Oxytocin schafft ein Gefühl von Wohlbefinden und fährt den Stress herunter. Kreatives Arbeiten kann also einen Zustand des Wohlbefindens hervorrufen und hat somit einen sehr positiven Einfluss auf darauf folgenden Lernprozesse.
Vertrauen verstärken
„In seinem Innenleben zu reisen bedeutet, sich zu trauen, sich zu verirren und dann im nächsten Moment mit einem Schatz in den Händen wieder zurückzukommen.“
Régis Carlo [27]
Vertrauen heißt, gemäß den Worten des französischen Philosophen Fabrice Midal, ein Gleichgewicht zu finden zwischen unserer aller innewohnenden Verletzbarkeit und Unvollkommenheit und dem Unerwarteten, Unvorhersehbaren sowie dem Anderen, der Alterität [28]. Drei Elemente erlauben uns, zu verstehen, woraus Selbstbewusstsein besteht:
Sich selbst begegnen: ich gebe mir die Erlaubnis, ich selbst zu sein; ich vertraue der Menschlichkeit, die mir innewohnt und die über den Geschichten steht, die ich von mir selbst erzähle oder den Identitäten, die mir von außen auferlegt worden sind
Sich auf seine Sinne und seinen Körper verlassen: ich spüre den Elementen nach, die mein Leben ausmachen und mich einzigartig machen; ich schließe mich an meinen in mir innewohnenden natürlichen Lebensfluss an
Sich nicht mehr mit sich selbst beschäftigen: ich bin hier und jetzt und ich schaue mich nicht mehr selbst an; ich kommentiere nicht mehr mein Handeln und Tun; ich mobilisiere mein Potential, agiere und trete in Kontakt mit dem anderen/der anderen; ich bestehe aus dieser Offenheit; ich stelle mich dem Leben und seinen Herausforderungen mit dem, was ich mitbringe, und darf auch Fehler machen.
Mit den Muskeln zu spielen und/oder zu zeigen, dass man besser und stärker als alle anderen ist, zeugt von Stolz und einem im Grunde genommen mangelnden Selbstvertrauen gemäß der oben angeführten Definition, da man in dieser Haltung in seinem eigenen Selbstbildnis gefangen bleibt und gefangen bleiben will. Man täuscht sich selbst etwas vor, unterbricht die Verbindung zu den anderen, möchte bewundert werden, ohne im Gegenzug etwas zu geben oder dem Anderen/der Anderen zuzuhören. Stolz ist die Negation unserer Verletzbarkeit und somit auch unseres Selbstvertrauens. Ich zeuge von Selbstvertrauen, indem ich eine Beziehung zum Anderen/zu der Anderen aufbaue, eine Verbindung zu unserem Gegenüber herstelle, ihm zuhöre, mich dem stelle, was kommt, auch wenn es nicht geplant war, handle, ohne mein Selbst dabei aufzugeben, und akzeptiere, Fehler zu machen und aus ihnen zu lernen. Fehler gehören zum Leben und zu jedem Lernprozess im übertragenen wie auch im konkreten Sinne. Ich schreibe mich in den Lebensfluss ein. Das Leben ist kein linear verlaufender Weg, es gibt immer wieder Umwege, Wege, die zeitweise verbaut sind oder blockiert, Wege, auf denen wir Menschen und Dingen begegnen, die wir nicht erwartet hätten. Wichtig ist, diesem Unerwarteten mit Offenheit, Flexibilität und Kreativität zu begegnen und sich dabei selbst treu zu bleiben, seinem ganz eigenen und einzigartigen Energiefluss mit allen Elementen, die unser Leben definieren und ausmachen, zu folgen.
Zu der Frage, was Selbstvertrauen bedeutet oder beinhaltet, möchte ich die Gedanken einiger Philosophen zitieren, die sich mit diesem Thema direkt oder indirekt auseinandergesetzt haben und die von Fabrice Midal in seinem Masterclass Konferenzzyklus „La confiance en soi“ erwähnt wurden:
René Descartes (1596-1650), französischer Mathematiker, Physiker und Philosoph des 17. Jahrhunderts, unterstreicht in seinem Briefwechsel mit der Prinzessin Elisabeth von Böhmen, die an Depressionen und Melancholie litt, dass die Einheit von Körper und Seele zu berücksichtigen ist, wenn man zu mehr Selbstvertrauen gelangen möchte: sich einen Lebensraum schaffen, der Freude und Glück in uns hervorruft (wie ein Spaziergang im Wald, Musik machen), sich dieser Situation ganz hingeben ohne zu reflektieren, was wir gerade machen. Zu viel Grübeln entfernt uns von uns selbst und dem, was uns wirklich gut tut im Leben. Unser Bewusstsein kommentiert und evaluiert nämlich ständig das, was wir gerade im Begriff sind zu tun und entfernt uns von unserem eigentlich natürlichen, uns innewohnenden Selbstvertrauen.
Søren Kirkegaard (1813-1855), dänischer Philosoph, Theologe und Schriftsteller, unterstreicht, dass Selbstvertrauen bedeutet, sich dem Leben hinzugeben und zu akzeptieren, dass man stolpern kann. Stolpern gehört zum Leben. Wenn man nicht mehr stolpert, dann ist man nicht mehr lebendig. Wenn ich Angst habe, Fehler zu machen, Schmerzen zu haben oder eine Herausforderung anzunehmen, dann verliere ich mein Selbstvertrauen und kehre dem Leben den Rücken zu. Ein Mensch, der dem Leben verschrieben ist, akzeptiert nicht zu wissen, was der morgige Tag bringen wird. Aber er stellt sich immer wieder aufs Neue diesem Unvorhersehbaren und vertraut auf die ihm innewohnenden Kräfte, um jeglicher Situation entgegentreten zu können.
Ralph Waldo Emmerson (1803-1882), amerikanischer Philosoph und Schriftsteller, sieht in der angenommenen Einsamkeit die Größe eines Menschen. Wenn ich diese Einsamkeit akzeptiere, dann kann ich auch meine Einzigartigkeit und mein Selbstvertrauen finden. Nonkonformismus ist eine Bedingung für Selbstvertrauen. Ich bin Entscheidungsträger meines Handelns und nicht nur eine bloße Figur eines gesamtgesellschaftlichen Schachspiels. Ich folge nicht blind der allgemeingültigen Meinung, nur aus Angst, dass ich alleine sein könnte.
Wilhelm Friedrich Nietzsche (1844-1900), deutscher Philosoph, Schriftsteller und Komponist, definiert Selbstvertrauen als ein „Ja“ zum Leben. Das heißt, ich gebe den Gedanken auf, dass ich das Leben kontrollieren kann. Er hat eine Typologie entwickelt, die zeigt, wie wir dem Leben den Rücken kehren, immer wieder in die Fallen dieser vier „Typen“ gelangen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind.
Da wäre zuerst der Idealist, der sich einem Ideal, einer Ideologie verschrieben hat, sich damit schmückt, moralische Werte zu vertreten, zu Lasten dessen, was er die Erde nennt, das heißt das Reale, das einfache Leben und den Körper. „Ich beschwöre euch, meine Brüder, bleibt der Erde treu und glaubt nicht, welche euch von überirdischen Hoffnungen reden! Giftmischer sind es, ob sie es wissen oder nicht. « Verächter des Lebens sind es, Absterbende und selbst Vergiftete, deren die Erde müde ist: so mögen sie dahinfahren!“ [29] Dann kommt der Philister, der sich nur für die nützlichen Dinge interessiert, das Materielle, zu Lasten des Geistes. Er lässt sich von nichts berühren, mag nichts, weigert sich, aufgerüttelt zu werden und hat Angst vor dem Chaos, dem nicht Vorhersehbaren. Als drittes beschreibt Nietzsche den Moralisten, der den gesamten geistigen dogmatischen Überbau repräsentiert, den wir geerbt haben. Demgemäß sind wir schuldig, müssen uns selbst aufopfern und dem weltlichen Leben entsagen, um erlöst werden zu können. Und schließlich benutzt Nietzsche den Ausdruck des „letzten Menschen“ für die, die nicht über sich selbst hinauswachsen möchten. Er stellt den passiven Zustand des Nihilisten dar, in dem der Mensch nichts als Wohlbefinden und Sicherheit wünscht und sich über seinen Mangel an Ehrgeiz freut. Diesen vier Gesichtern des Menschen fehlt es an Freude und Licht. Freude steht nicht im Gegensatz zu Schwierigkeiten, die man im Leben haben kann. Sie entspringt der Kreation, der diese vier Gesichter den Rücken gekehrt haben. Ihnen allen immer wieder zu widerstehen, ist für Nietzsche eine Lebensaufgabe. [30]
Hannah Arendt (1906-1975), deutsch-amerikanische politische Theoretikerin, Philosophin und Publizistin, spricht von der Fähigkeit, die Welt zu lieben und in ihr agieren zu wollen, sich als Teil derselben unter allen Menschen der Erde zu erfahren und dabei einzigartig zu bleiben.
Liebe ist der ultimative Weg, Entmutigung zu bekämpfen. Liebe wird niemals von Logik oder Vernunft getrieben, sondern führt zu einem sehr greifbaren Ergebnis: Wenn man liebt, hebt man den Kopf, engagiert man sich, möchte man helfen. Man ist verbunden mit der ursprünglichen Lebenskraft, die uns innewohnt.
Zusammenfassend könnte man also sagen, dass wir Selbstvertrauen herstellen können, wenn wir uns selbst begegnen, in Kontakt treten mit den Elementen, die unser Leben ausmachen; wenn wir uns unserem Körper und unseren Sinnen anvertrauen, ihnen folgen und sie walten lassen; und schließlich, wenn wir uns nicht mehr ausschließlich um uns selbst kümmern, aufhören unser Handeln mental zu bewerten und in einen offenen Kontakt mit unserer Umwelt und den Menschen, die uns umgeben, treten – über uns sozusagen hinauswachsen, um in Verbindung mit etwas Größerem zu treten.
Kreatives Arbeiten bringt uns in Kontakt mit unserer Verletzbarkeit und intrinsischen menschlichen Unvollkommenheit. Durch den Rahmen, der vor jedem Workshop mit den Rails-Regeln gesetzt wird, räumen wir diesen einen würdevollen Platz ein. Wir können sie betrachten und kreativ sichtbar machen. Jede kreative Arbeit gibt etwas ganz Persönliches preis, schafft etwas ganz Authentisches, das macht uns verletzbar. Wir geben uns den anderen preis. Aber genau der Mut und die Motivation, es trotzdem zu tun, schafft Selbstvertrauen im Austausch mit dem ganz Menschlichen der Anderen. Außerdem stellen wir durch das manuelle und haptische Arbeiten direkt eine Verbindung zu unserem Körper, zu unseren Sinnen her. Wir tauchen dank derer in den Jetzt-Moment ein und widmen uns ganz der kreativen Gestaltung.
Negative Bemerkungen oder Verbesserungsvorschläge sollten während des kreativen Arbeitens unbedingt vermieden werden. Das gilt auch für die anschließenden schriftlichen Aufgaben. Sie sind alle in irgendeiner Form kreative Ausdrucksweisen, Fehler dürfen sich da einschleichen. Das verweist auf die oben schon erwähnte Idee, dass wir aus Fehlern unbedingt lernen können. Sie sollten jedoch im Nachhinein noch einmal aufgegriffen und korrigiert werden. Zu glauben, dass wir keine Fehler machen dürfen, ist eine der in dem Masterkurs (op.cit) von Fabrice Midal aufgeführten einschränkenden „Fallen“, [31] mit denen wir uns ständig herumquälen und die unser Selbstvertrauen hart auf die Probe stellen. Die Arbeit mit der Methode des Neuen Kreativen Tagebuchs ist eine sehr effektive Art und Weise, Wege zu finden, diesen „Fallen“ zu entgehen. Wir suchen dabei die Akzeptanz dessen, was ist, ohne dem Druck der Effizienz und Leistung zu verfallen. Und damit haben wir auch einen Berührungspunkt zur Achtsamkeit hergestellt. Achtsamkeit in der Pädagogik heißt « bei dem zu sein, was ist, und nicht auf das zu schielen, was sein sollte; aber in dem, was ist, auch zu erkennen, was sich zeigen und entfalten will. »
Intrinsische Motivation schaffen
„Mut brüllt nicht immer nur. Mut kann auch die leise Stimme am Ende des Tages sein, die sagt: Morgen versuche ich es nochmal.“
Mary-Anne Radmacher
Aller Anfang ist schwer und bei den hier auf dieser Internetseite vorgeschlagenen kreativen Aktivitäten sollte den Lernenden erklärt werden, wozu sie eingeladen werden. Nur so können sie dann auch eine intrinsische Motivation entwickeln. Motivation bedeutet grundsätzlich das engagierte und ausdauernde Verfolgen eines bestimmten Zieles, das im Unterricht erreicht werden soll. Erklärungen und ein vorher klar abgegrenzter Rahmen schaffen außerdem eine kognitive Sicherheit, die es den Lernenden erlaubt, sich auf den kreativen Prozess einzulassen. Das Lehrpersonal sollte auch erklären, dass es sich beim kreativen Arbeiten nicht um ein neues Fach handelt und die Lernenden weder benotet noch anderweitig bewertet werden. Dieser Moment ist einzig und allein für sie da, um eigene Entdeckungen zu machen, „Forscher.Innen in eigener Sache“ zu werden und sich der Sprache auf eine andere Art und Weise zu nähern. Es geht darum, das eigene Bewusstsein zu erforschen, die Fähigkeit zu schaffen, eigene Muster zu erkennen und selbstwirksam zu handeln. Dabei handelt es sich nicht um einen konstanten Zustand. Motivation muss während eines Arbeitsprozesses immer wieder erneuert werden. Außerdem ist Motivation das entscheidende Kriterium, um zu lernen. In einer Lernaktivität auf kognitiver, emotionaler und verhaltensbezogener Ebene «gibt es kein Lernen ohne Mobilisierung, Beteiligung, ein mehr oder weniger umfangreiches Engagement». [32] Motivation kann entstehen, wenn die Lernenden einen Sinn und Wert in der von ihnen übernommenen Aufgabe erkennen und sich fähig dazu fühlen, die Aufgabe mit Erfolg zu bewältigen. Es wird allgemein zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation unterschieden. Eine extrinsische Motivation liegt dann vor, wenn wir etwas tun, um im Austausch dafür etwas zu erhalten, wie zum Beispiel eine Note oder irgendeine Form von Belohnung. Eine intrinsische Motivation hingegen ist der Wunsch, eine Tätigkeit einfach nur zum persönlichen Vergnügen auszuüben, für die Sache ihrer selbst willen. Es wird nichts anderes erwartet. Beim Arbeiten mit den Techniken des Neuen Kreativen Tagebuchs wird eher auf einer intrinsische Motivation aufgebaut. Die Lernenden werden aufgefordert, sich auf eine neue unkonventionelle Methode und Arbeitsform einzulassen, die sie mit der ihnen innewohnenden Kreativität in Verbindung bringen wird. Bei der Ausübung dieser Aktivität sind sie dann autonom und es öffnet sich ihnen ein großer Spielraum an Eigeninitiative und verschiedensten Ausdrucksweisen. Um die Motivation im Fremdsprachenunterricht aufrechtzuerhalten, sollten gemäß Dörnyei Zoltan [33] drei Motivationsebenen berücksichtigt werden: Zuerst einmal sollte auf der Ebene der Sprache mit authentischen Mitteln gearbeitet werden. Das wir durch die Verwendung von Bildmaterial aus deutschsprachigen Zeitschriften, Zeitungen, Büchern und allen möglichen typischen Publikationen in deutscher Sprache gewährleistet. Dann ist auf der Ebene der Lernenden die Entwicklung des eigenen Selbstvertrauens von größter Bedeutung. Die Rolle des Lehrpersonals spielt hierbei eine wichtige Rolle. Lob, positive Rückmeldungen und die individuelle Betreuung bei Fragen erlauben es den Lernenden, sich ohne Druck und mit Vertrauen den Aktivitäten zu widmen. Das Gefühl, kompetent, interessiert und empathisch beraten zu werden, ist eine wertvolle Erfahrung für die Lernenden. Sie werden nicht nur nach Resultaten bewertet und nach dem Postulat behandelt, dass einzig Druck und permanente Leistungskontrollen notwendig für Lernende sind, damit sie sich auf einen Lernprozess einlassen. Aufgrund der großen Ausdrucksfreiheit auch bezüglich der kreativen schriftlichen Aktivitäten können verschiedene Sprachniveaus durch leicht abgeänderte Aufgabenstellungen durchaus berücksichtigt werden und ermöglichen somit die Anwendung einer differenzierten Pädagogik. Anstrengungsbereitschaft und Lernerfolge sind nicht voneinander zu trennen, um den Spaß am Lernen aufrechtzuerhalten. Und wenn man die Lernmotivation erhalten möchte, muss für jeden eine zu bewältigende Aufgabe gestellt werden. Dabei darf man jedoch diejenigen nicht verlieren, die anspruchsvollere Arbeiten bewerkstelligen können. Und schließlich trägt eine positive Lernatmosphäre dazu bei, dass die Lernenden auch Risiken eingehen und Herausforderungen annehmen. Durch die Auswahl des Lehrmaterials und die Materialien für kreatives Arbeiten wird ihre Neugier geweckt und der Spielgeist entfacht. Das Lehrpersonal fungiert als „Lerncoach“ und begleitet seine SchülerInnen und StudentInnen, anstatt Wissen zu vermitteln. Das kann auch ein sehr entspannender Moment für LehrerInnen selbst sein, denn sie können dem eigenen inneren Druck entfliehen und den Moment des geschäftigen, kreativen Treibens beobachten und genießen.
Tuchfühlung mit unserem inneren Kind kultivieren
Die sonnige Kinderstraße
Meine frühe Kindheit hat
Auf sonniger Straße getollt;
Hat nur ein Steinchen, ein Blatt
Zum Glücklichsein gewollt.
Jahre verschwelgten. Ich suche matt
Jene sonnige Straße heut
Wieder zu lernen, wie man am Blatt,
Wie man am Steinchen sich freut.
Joachim Ringelnatz [34]
Das innere Kind ist die Kindheit. Es symbolisiert die in uns wohnenden Gefühle, Erfahrungen und Erinnerungen aus unserer eigenen Kindheit. Es ist wichtig für uns, diesen Zustand der Spontanität, Offenheit und Fähigkeit zu staunen wieder zu finden. Denn er bedingt unter anderem unsere ganze Existenz.
Dieses innere Kind ist einer der Archetypen, die Carl Gustav Jung beschrieben hat, und Teil des kollektiven Unterbewusstseins sind, das in uns allen existiert. Es handelt sich um latente Kräfte, Energiequellen, die in uns hausen und die jedem von uns helfen können, wir selbst zu sein. Das innere Kind nach Jung ist der Teil unseres Innenlebens, der uns spontan, kreativ und offen für neue Erfahrungen macht. Es erlaubt uns, uns selbst zu heilen und zu entfalten. Dieser archetypische Wesenskern kann durch nicht berücksichtigte Ängste, Nöte und einschränkende Verhaltensmuster völlig verdeckt werden. „Wir wachsen heran, stehen als Erwachsene mitten im Leben – und verlieren darüber leicht unsere Quelle der Lebendigkeit ganz aus den Augen. Wir können uns aber bewusst entscheiden, mit unserem inneren Kind wieder ins Gespräch zu kommen: Als Erwachsene können wir ihm Wohlwollen, Fürsorge, Unterstützung und Achtung geben.“ [35] Die Arbeit mit dem Neuen Kreativen Tagebuch ist eine Möglichkeit, dieses innere Kind wieder aufleben zu lassen und es achtsam zu behandeln. Und, um es mit den Worten des Malers Henri Matisse zu sagen, „Man muss das Leben mit den Augen des Kindes sehen, das wir gewesen sind. Der Verlust dieser Fähigkeit beraubt Sie der Möglichkeit, sich originell und ganz persönlich auszudrücken.“ [36]
Mehrere Techniken des Neuen Kreativen Tagebuchs begünstigen den spielerischen Aspekt der Übungen wie zum Beispiel Kritzeleien, das nichtlineare Schreiben und Eisbrecher-Aktivitäten. Alles, was einen Perspektivwechsel ermöglicht und /oder einen Spielmodus einführt, stimuliert das innere Kind in uns. Eigentlich ist es der komplette Ansatz, die Freiheit während des kreativen Arbeitens, das Hinzufügen neuer, überraschender, bis hin zu verfremdenden Elemente, das Ausprobieren im Gestaltungsprozess und das prozessorientierte nicht zu bewertende Vorgehen, das diese kreative Aktivität zu einem besonderen Moment macht. Das, was ist, wird so empfangen, wie es ist, ohne es zu beurteilen. Wir können im Neuen Kreativen Tagebuch spielen, neue Dinge ausprobieren, mit der linken Hand schreiben, surrealistische Collagen anfertigen, mit den Händen malen und ganz wir selbst sein. Das ästhetische Resultat steht dabei nicht im Vordergrund.
An das innere Kind gelangen wir auch, wenn wir mit der Hand schreiben, die nicht unsere leitende Hand ist, also die rechte Hand für Linkshänder und die linke Hand für Rechtshänder. Dazu hat die Kunsttherapeutin Lucia Capacchione ein ganzes Buch [37] geschrieben. Sie hat in ihren zahlreichen Workshops und individuellen Betreuungen festgestellt, dass wir dank der Arbeit mit unserer linken Hand unserer kreativen Natur mehr Platz einräumen können, unsere Ausdrucksmöglichkeit verbessern und intuitiver zu handeln lernen. Im Unterricht kommt der Spielgeist mit diesem ungewöhnlichen Umgang mit unserer nicht dominanten Hand mehr zum Zug. Zuerst einmal kann es unangenehm sein, wir fühlen uns unbeholfen, viel zu langsam und verlieren schnell die Geduld. Lässt man sich aber darauf ein, dann kehrt eine tiefe innere Ruhe in uns ein, wir werden langsamer und können uns ganz in den Moment einschreiben. Es ist schon seltsam, dass wir im Laufe der Geschichte eine regelrechte Konspiration gegenüber der linken Hand entwickelt haben. Dabei ist sie uns ein wertvoller Ratgeber und Wegweiser. Sie erinnert uns daran, dass das Leben eigentlich einen langsameren Rhythmus braucht, um Dinge zu verstehen und zu erspüren und nicht alles so geradlinig verläuft, wie wir zu glauben hoffen.
Ästhetische Kompetenzen schulen
„Echte Hingabe an eine Sache ist nur mit Freiheit möglich.“
Maria Montessori
Kreative, künstlerische Handlungsweisen als integraler Bestandteil des Lernprozesses und fern von Nachahmung fremder Kunst oder Einüben von Techniken bis hin zu eigenständigen persönlichen Schöpfungen schult das ästhetische Wahrnehmungsvermögen. Darunter verstehen wir nach dem deutschen Philosophen Alexander Gottlieb Baumgarten, dem Begründer der deutschen Ästhetik als eigenständige philosophische Disziplin „sinnliche Vielfalt, die historische Kontext-Wahrnehmung, sowie die subjektive Entwurfsgestaltung.“ [38] Das Wort Ästhetik wird abgeleitet von dem altgriechischen Adjektiv aisthetikos, was man mit sinnlich-wahrnehmend übersetzen kann.
Über künstlerisches und kreatives Handeln können formelle Anschlüsse zu anderen Lernfeldern hergestellt werden. Und das geschieht über selbstorientierte, an eigene Erfahrungen geknüpfte Lerninhalte und die daraus resultierende Fähigkeit, sich einem Problem selbstbewusst zu stellen und Lösungen dafür zu finden. Dieser Situation begegnen wir in unserem täglichen Leben, wir lösen Aufgaben mittels unserer gesammelten Erfahrungen. Kreatives Arbeiten ist ein selbstgesteuerter, ergebnisoffener Prozess. Dieser handlungsorientierte Prozess ist eine wichtige Ergänzung zur Zweckrationalität der Aneignung von Wissen nach genau vorgegebenen Methoden im Bildungssystem. „Qualitätsvolles Lernen hat mit Anschlussmöglichkeiten zu tun. Die Förderung der ästhetischen Kompetenz baut solche Anschlüsse an die innersubjektive Realität auf und vertieft sie als elementare Erfahrungen des Ästhetischen.“ [39] Handlungsorientierte Prozesse haben positive Auswirkungen auf die Selbstwahrnehmung und Lernmotivation der Lernenden. Diese Auswirkungen kann man feststellen, wenn man den Lernenden die Möglichkeit gibt, selbst etwas zu schaffen, konkret künstlerisch mit den entsprechenden Materialien, sprich Pinsel, Farben, Scheeren, Kleber und vieles mehr in einen Schaffensprozess einzutreten und Kunst nicht nur als KonsumentIn, KopiererIn oder als Zerstreuung zu erfahren. Dazu möchte ich einen etwas längeren Absatz aus der Magisterarbeit von Frau Bader-Sollberger zitieren: „Wilhelm von Humboldt erklärt in seinem Werk „Königsberger Schulplan“ sinngemäß, dass ästhetische Bildung ein selbständiger Prozess ist, in dem sinnliche und rationale Formen von Weltaneignung ein Zusammenspiel von ästhetischen, emotionalen und reflektierenden Aneignungsformen bildet. Methodisch-systematisches Lernen setzt die Fähigkeit zur Abstraktion voraus und ist als Aneignungsformen von Wissen nur möglich, wenn bereits selbsttätig erworbene Erfahrungen von Wirklichkeit durch das Erfahrungslernen vorliegen. Lernen wird hier als Teil des Bildungsprozesses verstanden, wobei sich beide Lernformen, die des methodisch-systematischen Lernens und die des Erfahrungslernens, gegenseitig ergänzen.“ [40] Ästhetik und Kreativität in der Bildung haben nachhaltige, positive Auswirkungen dank des selbstgesteuerten Lernens auf die Lern- und Wissensvermittlung sowie die Wissensaneignung . Denn wir wissen nur zu gut als Lehrende, dass oft eine große Diskrepanz existiert zwischen dem, was gelehrt wird, und dem, was die Lernenden letztendlich aufnehmen. Meine Erfahrungen im Unterrichten haben mir gezeigt, dass es gerade beim Lehren einer Sprache wichtig ist, sehr verschiedene Lernmethoden anzubieten, denn jeder Mensch hat ein ganz eigenes Lernprofil, kommt mit anderen kognitiven Voraussetzungen in den Unterricht. Das kreative Arbeiten mit den Techniken des Neuen kreativen Tagebuchs ist für jeden zugänglich und geht weit über die Aneignung einer rein sprachlichen Kompetenz hinaus. Wie weiter oben schon erwähnt, wird das allgemeine Wohlbefinden erhöht, Stressempfinden verringert, Empathie verstärkt und die Kreativität erhöht, unter anderem dank des schöpferischen Gestaltens.
Tasten und dabei lernen
„Wer Schmetterlinge lachen hört, der weiß wie Wolken schmecken.“
Novalis
Der Tastsinn ist von grundlegender Bedeutung für die psychische Entwicklung des Menschen und unter den fünf Sinnen derjenige, der am stärksten mit unserem Unterbewusstsein verbunden ist. Der Tastsinn ist eines der wichtigsten menschlichen Wahrnehmungssysteme, um Informationen über die Umwelt erhalten zu können, sie einzuordnen und langfristig zu verarbeiten. Physikalische Reize wie Druck, Vibration und Temperatur werden über die Haut, das größte Sinnesorgan des Menschen, permanent aufgenommen. „Im Gegensatz zum Sehsinn, den wir nachts ausschalten, ist der Tastsinn immer ‘on’“, sagt der Leiter des Haptik-Labors Martin Grunwald, der an der Universität in Leipzig arbeitet.
Das Erkennen von Objekten durch die Berührung und die Wahrnehmung von Leere, Stille, Klang, Figuren und ihren Bedeutungen bildet von der frühen Kindheit an die Grundlage für eine intuitive Motivation zum Wahrnehmungsimpuls und zum Wissenserwerb. Haptische Wahrnehmung ist somit auch die Voraussetzung für den ästhetischen Genuss. Über sie gelangen wir zu einer befreienden kognitiven Ausdrucksmöglichkeit, um das, was uns umgibt aufzunehmen und zu durchdringen und die unendlichen Möglichkeiten ausfindig zu machen, in uns selbst und in die innere Welt anderer Menschen, wie das der Fall zum Beispiel bei Kunstwerken ist, zu schauen. Bei einer kreativen Aktivität kann dies über Symbole und Metaphern geschehen.
Vor allem SchülerInnen höherer Klassen und StudentInnen müssen meistens still auf ihren Stühlen sitzen und Informationen größtenteils passiv aufnehmen – also vor allem durch Zusehen und Zuhören. Dies widerspricht aber dem aktuellen Kenntnisstand der Hirn- und Lernforschung. Dazu sagt Martin Grunwald: „Der Mensch ist insgesamt ein Lernorgan, das sich nicht auf einzelne Sinne reduzieren lässt. Daher muss auch der Tastsinn gefordert sein: Wir sind haptische Wesen, die ein Bedürfnis nach Interaktion mit der Umwelt haben.” [41] Kinästhetische Lerntypen, die oft in unserem Erziehungswesen zu wenig berücksichtigt werden, kommen bei kreativen Aktivitäten mit der Methode des Neuen Kreativen Tagebuchs auf ihre Rechnung. Bei diesem Lernprofil erfolgt Informationsverarbeitung über Bewegung oder Berührung. Die haptische und gestalterische Orientierung dieses Typs benötigt für die Wissensaneignung idealerweise ein Modell, wahlweise Lernmaterialien zum Anfassen oder Arbeiten, die praktisch erledigt werden können und/oder Bewegung, die gedanklich mit Lerninhalten verknüpft wird. Der haptische Sinn wird durch die Manipulation von verschiedenen Materialien wie unter anderem Trockenkreide, Papier oder Wachsmalstiften sowie das Herstellen von Collagen (zerreißen, zerschneiden, anordnen, aufkleben) stimuliert. Ich möchte hier die Worte einer Studentin zitieren, die die eben angeführte Argumentation sehr gut unterstreichen: „In Bezug auf kreative Arbeit würde ich sagen, dass dies eine der besten Möglichkeiten ist, um eine Sprache zu lernen. Jeder hat eine kreative Ader, und indem er Kreativität mit dem Erlernen einer Sprache verbindet, wird das Lernen für jeden auf eine persönliche Weise zugänglich gemacht. Die zwei Jahre Deutsch mit Ihnen waren sehr angenehm, denn Ihre Lernphilosophie beschränkt sich nicht darauf, uns eine Sprache schulisch lernen zu lassen, sondern auf spielerische Weise zu lernen. In diesem Sinne ist es für mich leichter, mich an einige Dinge, bestimmte Worte zu erinnern, indem ich sie mit bestimmten Momenten im Unterricht, mit Bildern, Gemälden, Zeichnungen verbinde.“
Wir öffnen eine Seite unseres Tagebuchs, betrachten die leere Seite einen kurzen Moment und halten inne in unserem turbulenten Leben. Indem wir Farben und Formen auf diese Seite geben, kann etwas aus unserem Inneren auftauchen und sich ausbreiten. Und mit diesem Material können wir arbeiten. Wir können es betrachten und hinein hören, was es uns zu sagen hat. Wir tauchen sowohl in unsere Vorstellungskraft als auch in unsere innere Welt ein. Ich möchte Sie dazu ermutigen, sich mit Ihren SchülerInnen und/oder StudentInnen auf diese spannende Reise zu begeben. Sie können dabei nichts falsch machen. Das Sprachenlernen hat außerdem den ihm gebührenden Platz bei dieser Vorgehensweise und man muss sich nicht mit Vorwürfen plagen, Bastelarbeiten durchführen, anstatt zu unterrichten und den Lehrplan durchzuziehen. Sie müssen es einfach nur einmal ausprobieren und eine erste Erfahrung damit machen. Und um es mit den Worten von Carl Rogers zu sagen: „Erfahrung ist für mich die höchste Autorität. Der Prüfstein für Gültigkeit ist meine eigene Erfahrung. Keine Idee eines anderen und keine meiner eigenen Ideen ist so maßgeblich wie meine Erfahrung. Ich muss immer wieder zur Erfahrung zurückkehren, um der Wahrheit, wie sie sich mir als Prozess des Werdens darstellt, ein Stück näher zu kommen.“ [42]
[1] Quelle : https://beruhmte-zitate.de/zitate/1997970-albert-einstein-kreativitat-ist-intelligenz-die-spass-hat/ (abgerufen am 27.5.2024)
[2] Respekt (für sich selbst und die anderen; keine negativen Bemerkungen oder verbalen Sanktionen, den inneren Saboteur zum Schweigen bringen)
Aufmerksamkeit (in sich hineinhören, Gefühle wahrnehmen, auf Geschichten achten, die wir uns selbst erzählen)
Intimität (seine/ihre eigene Arbeitsfläche haben; nur mitteilen, was mitgeteilt werden möchte; den Raum der anderen respektieren)
Liberté/Freiheit (Übungen dürfen abgebrochen oder verändert werden, eigenen Ideen dürfen verfolgt werden)
Stille/Schweigen (im Stillen arbeiten; sich auf sich selbst konzentrieren; seiner/ihrer inneren Stimme lauschen)
[3]Krämer, Susanne, Wache Schule: Mit Achtsamkeit zu Ruhe und Präsenz, Junfermann Verlag, Paderborn, 2019, Seite 41
[4] Pinkola Estés Clarissa, Die Wolfsfrau, Wilhelm Heyne Verlag, München, 1993, Seite 362
[5] Quelle: https://www.sepaq.com/blogue/impact-nature-cerveau.dot?language_id=2 (abgerufen am 3.6.2024)
[6] Quelle: Thivissen, Patricia, Boten der Inspiration, unter: https://www.spektrum.de/magazin/dopamin-ein-neurotransmitter-fuer-kreativitaet/1295966
[7] Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorischer_Imperativ (abgerufen am 4.6.2024)
[8] Quelle: https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/politiklexikon/225603/respekt (abgerufen am 13.3.2024)
[9] Quelle: https://gutezitate.com/zitate/poesie/ (abgerufen am 4.6.2024)
[10] Zitiert von Invernizzi, Friederike, Mehr als schöne Gedichte, unter: https://www.forschung-und-lehre.de/zeitfragen/mehr-als-schoene-gedichte-5479 (abgerufen am 14.5.2024)
[11] ] Invernizzi, Friederike, Mehr als schöne Gedichte, unter: https://www.forschung-und-lehre.de/zeitfragen/mehr-als-schoene-gedichte-5479 (abgerufen am 14.5.2024)
[12] Midal, Fabrice, Pourquoi la poésie, Pocket, Paris, 2010, p.17
[13] Midal, Fabrice, Pourquoi la poésie, op.cit., p.20
[14] Invernizzi, Friederike, Mehr als schöne Gedichte, unter: https://www.forschung-und-lehre.de/zeitfragen/mehr-als-schoene-gedichte-5479 (abgerufen am 14.5.2024)
[15] Midal, Fabrice, Die Poesie als Widerstand, unter: https://www.youtube.com/watch?v=xOWfAM4dSw (abgerufen am 3.6.2024)
[16] Andersen, Alexandra, Achtsamkeit im Unterricht, Cornelsen, Berlin, 2020, Seite 7
[17] Zitiert von Andersen, Alexandra, Achtsamkeit im Unterricht, op.cit., Seite 10
[18] Andersen, Alexandra, Achtsamkeit im Unterricht, Cornelsen, op.cit., Seite 8
[19] Definition Stress unter: https://www.gesundheitsmanagement24.de/stress-definition-i-stressmanagement-i-stressbelastungen/ (abgerufen am 15.4.2024)
[20] Quelle: „Forscher entschlüsseln wichtigen Mechanismus zur Gedächtnisbildung“, unter: https://www.charite.de/service/pressemitteilung/artikel/detail/neue_erkenntnisse_zur_funktion_des_hippocampus/ (abgerufen am 15.4.2024)
[21] Zitat aus einem Vortrag über das Gehirn von Isabelle Lebrun, Professorin für Neurologie an der Universität Grenoble Alpes, Grenoble
[22] Interview mit dem Neurobiologen Gerhard Hüther, unter: https://www.deutschlandfunk.de/gerald-huether-die-macht-der-inneren-bilder-100.html (abgerufen am 27.5.2024)
[23] Zitiert von: Krämer, Susanne, Wache Schule: Mit Achtsamkeit zu Ruhe und Präsenz, op.cit., Seite 130
[24] Kate Wood ist eine „Community Arts Practitioner“, die den Verein The Craft Junction in Bridgend im Jahr 2018 gegründet hat, nachdem sie 18 Jahre lang in Großbritannien und im Ausland Design und Technologie unterrichtet hatte. Ihr Anliegen ist es, Menschen durch künstlerische Aktivitäten zu mehr Selbstvertrauen und geistiger Gesundheit zu verhelfen.
[25] Wood, Kate, How does creativity benefit mental health and wellbeing?, TEDxNantymoel, unter: https://www.youtube.com/watch?v=E0lAUatwArc (abgerufen am 5.4.2024)
[26] Die 4 Gehirnwellen Typen, unter: https://www.brainlight.de/presse/publikationen/die-4-gehirnwellen-typen.html (abgerufen am 10.4.2024)
[27] Frei übersetzt und zitiert von Dejez, Anne, in: Voyage au coeur de soi, ISBN: 979-10-415-1059-7, Seite 3
[28 ]Diese Definition habe ich dem Inhalt der Online-Masterclass „Avoit confiance en soi en se libérant des idées reçues et des injonctions“ des französischen Philosophen Fabrice Midal entnommen.
[29] Quelle: https://gutezitate.com/zitat/141250 (abgerufen am 21.2.2024)
[30] Beim Schreiben dieses Absatzes habe ich mich des folgenden Buches bedient: Midal, Fabrice, La théorie du bourgeon, Flammarion, Paris, 2024, Seite 103-105
[31] Die zehn Fallen, die unser Selbstvertrauen einschränken sind: sich selbst nicht zuzuhören; sich selbst an falscher Stelle zuzuhören; unaufhörlich zu grübeln; alles kontrollieren zu wollen; zu glauben, dass man keine Bedeutung oder keinen Wert hat; zu glauben, dass man keine Fehler machen darf; gefangen zu sein im eigenen Stolz; schlecht vorbereitet zu sein, wenn man etwas vortragen möchte; die falschen BegleiterInnen im Leben zu wählen; gefangen zu bleiben in Identitäten, die uns unsere Familie aufgezwungen hat.
[32]Rieder Christopher, Die Bedeutung der Motivation beim Lernen, unter: https://blog.betterstudy.ch/de-ch/die-bedeutung-der-motivation-beim-lernen (abgerufen am 4.6.2024)
[33] Zitiert von Wicke, Rainer E., Aktiv und kreativ lernen, Hueber, München, 2004, Seite
[34] Quelle: https://gedichte.xbib.de/Ringelnatz_gedicht_Die+sonnige+Kinderstra%DFe.htm (abgerufen am 18.3.2024)
[35] Quelle: https://www.cgjung.org/component/seminarman/4-spiritualitaet-seelische-krisen-und-analytische-psychologie/145-der-dialog-mit-dem-inneren-kind.html (abgerufen am 13.3.2024)
[36] Frei übersetzt nach und zitiert von: Midal, Fabrice, La théorie du bourgeon, Flammarion, Paris, 2024, Seite 142
[37] Capacchione, Lucia, Le pouvoir de votre autre main, Paris : Médicis, 1997,
[38] Bader Sollinger, Béatrice, Ambulatorium der Sinne. Ein Modell zur Förderung ästhetischer Kompetenz an Volksschulen, Grin Verlag, Norderstedt, 2013, Seite 9
[39] Bader Sollinger, Béatrice, Ambulatorium der Sinne, op.cit., Seite 10
[40] Bader Sollinger, Béatrice, Ambulatorium der Sinne, op.cit., Seite 16
[41] Seng, Leonie, Die Welt begreifen, unter: https://www.dasgehirn.info/wahrnehmen/fuehlen/die-welt-begreifen (abgerufen am 23.4.2024)
[42] Zitiert von: Krämer, Susanne, Wache Schule: Mit Achtsamkeit zu Ruhe und Präsenz, op.cit., Seite 35