Wertschätzung macht mutig
„Alles, was in dieser Welt Wertschätzung verdient, hat seinen Ursprung im Herzen, nicht im Kopf.“
Oscar Wilde



„Wertschätzung ist die positive Bewertung eines anderen Menschen. Sie gründet auf einer inneren Haltung anderen gegenüber. Wertschätzung betrifft einen Menschen als Ganzes, sein gesamtes Wesen. Sie ist unabhängig von Taten oder Leistungen, auch wenn diese die subjektive Einschätzung der Wertschätzung beeinflussen.“ [4] Gemäß dieser Definition ist Wertschätzung mehr als nur Lob und Anerkennung. Es ist eine Herzens- und Geisteshaltung, die immer den Menschen an sich sieht und nicht nur dessen Leistung betrifft. Um glaubwürdig zu erscheinen, wenn ich einem Menschen meine Wertschätzung entgegenbringe, dann muss eine echte Begeisterung spürbar sein. Mit Worten allein können wir andere Menschen nicht wirklich erreichen, das Herz gehört dazu und ich muss dem Wertschätzenden auf Augenhöhe begegnen.
Anerkennung
Wenn weiter wir als die Alten seh’n,
Weil höher wir auf der Leiter steh’n,
Nun, so verdanken wir’s den Alten.
Sie sind’s, die uns die Leiter halten,
Die an der Leiter selbst gebaut,
Auf der die Jetztzeit um sich schaut.
Jacob Schnerr[5]
Wertschätzung macht mutig
In einer wertschätzenden Pädagogik wird das Ziel, dass Lernende in den Lernprozess einsteigen, immer vor jenem der Bewertung stehen. Sie fördert die positive Wahrnehmung der Lernenden von sich selbst und lehrt ihnen gleichzeitig, sich wertschätzend anderen gegenüber zu verhalten. Wenn also Wertschätzung Teil des Unterrichtsalltags wird, dann „gilt das Prinzip der Schatzsuche statt eines Fahndens nach Defiziten.“ [6] Wir können nur dann glaubhaft sein, wenn wir auch das verkörpern, was wir unterrichten oder den Lernenden auf ihrem Lebensweg mitgeben möchten.
Wertschätzung beinhaltet Vertrauen, Respekt, Fürsorge und Integrität.
Wertschätzung schafft Vertrauen und Vertrauen schafft Wertschätzung. Wenn LehrerInnen und SchülerInnen eine Vertrauensgemeinschaft bilden in der Meinungen und Haltungen geteilt werden, begünstigt das gemeinsame Zielsetzungen und verbessert die Kommunikation miteinander[7] Fürsorge heißt, dass wir unser Engagement für das Wohlergehen und den Lernprozess unserer Lernenden mitbringen durch eine von Empathie getragene positive Zugewandtheit. Respekt beinhaltet Vertrauen und Fairness. Die Würde jedes einzelnen Menschen, sein emotionales Wohlbefinden sowie sein Entwicklungsstand werden geachtet. Das heißt, ich nehme den Lernenden/die Lernende da auf, wo er/sie sich gerade befindet und begleite ihn/sie ein Stück des Weges dahin, wo er/sie hingelangen kann. Ich möchte hier einen kurzen Absatz des Dichters Khalil Gibran aus seinem Buch Der Prophet [8] zitieren: „Niemand kann euch etwas lehren, das nicht schon in einem Halbschlaf in der Morgendämmerung eures Wissens liegt. Der Meister, der unter den Jüngern im Schatten des Tempels wandelt, schenkt nicht seine Weisheit, sondern seinen Glauben und seine Fähigkeit zur Liebe. Wenn er wirklich weise ist, lädt er dich nicht ein, in die Wohnung seiner Weisheit einzutreten. Er führt dich an die Schwelle deines Geistes.“
Und schließlich beinhaltet Wertschätzung auch den Begriff der Integrität. Er stammt von dem lateinischen Wort „integer“ für „untadelig, unversehrt“ ab. Die Einzigartigkeit und Verletzbarkeit jedes Menschen wird beachtet und geachtet. Wir achten darauf, anderen Menschen keinen psychischen oder körperlichen Schaden anzutun.
Wertschätzen ist zwar ein wichtiger ethischer Wert, aber nicht immer so einfach umzusetzen. Das gilt sowohl für das Lehrpersonal als auch für die Lernenden. Gottfried Orth in seinem Buch „Wertschätzung leben“[9] hat sehr gut aufgezeigt, dass wir nur dann andere wertschätzen können, wenn wir uns selbst wertschätzen. Wir alle müssen tagtäglich trainieren.
Die für dieses Kapitel ausgearbeiteten Aktivitäten sind jeweils auf ein ganz bestimmtes Thema angelegt, dem wir über das kreative Arbeiten unsere ganze Aufmerksamkeit schenken. Damit können wir üben, bewusst Situationen, Menschen und persönliche Werte zu schätzen. Das gibt Mut, sich im Leben aktiv zu bewegen und nicht alles so hinzunehmen, wie es uns vorgegeben wird.
[1] Quelle: Hier (abgerufen am 25.4.2024)
[2] Quelle: Hier (abgerufen am 25.4.2024)
[3] Quelle: Hier (abgerufen am 21.5.2024)
[4] Quelle: Hier (abgerufen am 25.4.2024
[5] Quelle : Hier (abgerufen am 21.5.2024)
[6] Huber, Stephan, Gerhard, Wertschätzung zeigen und erfahren, op.cit
[7] Mehr dazu in dem Artikel von Huber, Stephan, Gerhard, Wertschätzung zeigen und erfahren, unter: Hier (abgerufen am 25.4.2924)
[8] Gibran, Khalil, Le Prophète, Gallimard, Paris, 1992, Seite 75
[9] Orth, Gottfried, Wertschätzung leben, Jungfermann, Paderborn, 2021