Bei der hier vorgeschlagenen Collagetechnik geht es darum, sich intensiv mit dem Blau zu beschäftigen, ihm nachzuspüren, die Wirkung auf sich selbst bewusst zu erfahren und eine lustige, entspannende Schreibarbeit dazu zu machen. Verschiedene Blautöne kann man wunderbar durch das Mischen mit weiβ, schwarz und den Primärfarben rot und gelb entstehen lassen.
Ich schlage außerdem vor, ein der expressionistischen Bewegung entlehntes Gemälde als Collageelement zu benutzen : der Turm der Blauen Pferde von Franz Marc, neu gemalt als « Turm der Enten » von der in Berlin angesiedelten  Künstlergruppe interDuck. Diese Künstlergruppe hat berühmte Werke neu gemalt. Sie respektieren den Malstil eines Künstlers, verfremden aber humorvoll und auf geniale Weise das Gemälde, in dem sie Enten als zentrale Elemente einsetzen.
Franz Marc, der Mitbegründer der Blauen Reiter, hat in seinem Gemälde seine Vorliebe zu Tiermotiven verarbeitet. Er hat sie in einer Komposition aus reinen Farben abstrahiert, um den « inneren Klang » sichtbar zu machen. Die Farbe Blau war für Franz Marc Sinnbild für das männliche Prinzip und Spiritualität.

Was, wenn Kunst uns erlaubt, uns zu entdecken, uns besser kennenzulernen? Kunstwerke versetzen uns in Schwingungen, berühren unsere Sinne und lösen Reaktionen aus. Sie versetzen uns in eine andere Welt. Es sind Türen, die einen Zugang zu unserem inneren Leben ermöglichen. Über Gemälde nehmen in uns lebende Emotionen und Gedanken Gestalt an, die wir vorher zwar erahnen aber nicht immer in Worte fassen können.Sie werden konkret erfahrbar und erfassbar. «Die Malerei ist eine Kunst, und die Kunst als Ganzes ist keine leere Schöpfung von Objekten, die in der Leere verloren gehen, sondern eine Macht, die einen Zweck hat und der Evolution und Verfeinerung der menschlichen Seele dienen soll.» (W. Kandinsky)
Bei der folgenden Aktivität werden wir also das Werk eines Künstlers als Inspirationsquelle verwenden.

Benötigtes Material

  • Zum Kleben einen Klebestift oder Akrylmedium oder verdünnten Weiβleim
  • Ein kreatives Schreibheft (DINA 4, weißes, linienfreies Papier)
  • Pauspapier
  • Bild von dem Ententurm
  • Korken oder kleine Schwämmchen
  • Acrylfarben (blau, weiβ, schwarz ; Option : rot, gelb)
  • Pinsel
  • Behälter für Wasser und natürlich Wasser
  • Kleine aus Karton angefertigte Farbpaletten (Vierecke 15×10 cm)
  • Illustrierte Zeitschriften
  • Filzstifte
  • Buntstifte
  • Trockenkreide
  • Wachsmalstifte
  • Permanent Marker
  • Scheeren
  • Ein Haarföhn um bemaltes Papier gegebenenfalls zu trocknen
  • Vor Beginn der kreativen Aktivität könnte eine der Atem-Entspannungs-oder Achtsamkeitsübung gemacht werden (5-10‘).
  • Dann sollten unbedingt die „RAILS-Regeln“ erklärt werden (5‘): Diese Regeln legen den Rahmen für die reibungslose Durchführung der Aktivität fest. Sie schaffen ein respektvolles Miteinander und eine kognitive Sicherheit. Dies sind beides grundsätzliche und unumgängliche Voraussetzungen, damit sich Kreativität frei entfalten kann. 
    R=Respekt für sich selbst und die anderen, das heißt keine Selbstsabotage oder negative Kritik; 
    A=Aufmerksamkeit, für das, was in uns vorgeht;
    I=Intimität wird respektiert, ich schaue nicht auf die Arbeiten der anderen und kommentiere sie auch nicht, jeder/jede hat seinen persönlichen und eigenen Raum;
    L=Liberté/Freiheit, ich bin frei die vorgeschlagenen Übungen abzuändern oder nicht zu machen, wenn es mir unangenehm ist; 
    S=Schweigen/Stille, ich rede nicht während des kreativen Arbeitens und höre in mich hinein, lausche meinen Geschichten.
  • Kurzes Brainstorming mit der Gruppe über die Bedeutung und Assoziationen mit der Farbe Blau (10’). Die Wörter sollten mitgeschrieben werden. Sollte man in einem Zyklus über Farben arbeiten, dann kann das « Farbenmandala » (Anhang 1) ausgefüllt werden: die Wörter mitschreiben (äuβerer Kreis) und am Ende der kreativen Arbeit Schnipselreste oder Farbreste dazu verwenden, den inneren Kreis auszufüllen (10’). Oder aber die Lernenden können ein Sonnendiagramm mit den verschiedenen Wörtern anlegen. 
  • Einen blauen Hintergrund mit Akrylfarben auf der linke Seite des Heftes gestalten. Dabei kann an Stelle des Pinsels auch ein Korken oder kleines Schwämmchen zum Abtupfen verwendet werden. Außerdem verschiedene Blautöne anmischen und verwenden.
  • Dann das Bild des Ententurms abpausen und dafür einen blauen Filz-oder Buntstift benutzen. Es müssen nicht alle Details abgezeichnet werden.
  • Das abgepauste Bild auf den blauen Untergrund kleben und aus Zeitschriften Accessoires herausschneiden und die Enten damit bekleiden.
    Alle Enten schauen in eine Richtung. Was sehen sie?  Einen Dialog darüber schreiben lassen, was sie sehen könnten. Für jede Ente eine andere Farbe verwenden. In den Dialog folgende Sprechakte sowie Ausdrücke mit Blau beliebig integrieren:
    Zweifel ausdrücken ; Gefallen/Missfallen ausdrücken ; Erstaunen/Verärgerung ausdrücken
  • Sich das Bild noch einmal genau anschauen, den Dialog noch einmal durchlesen. Alles in ein Wort zusammenfassen und dieses Wort auf einen Zettel oder ein Bild schreiben und auf die Collage kleben.
  • Sich in Kleingruppen (3-4 Personen) über das kreative Arbeiten austauschen (10‘). Dabei unbedingt folgende Regeln festlegen:
    • Jeder/jede hat die gleiche Sprechzeit.
    • Es werden keine negativen oder abwertenden Kommentare über das Gesagte gemacht.
    • Wir hören einander aufmerksam und mit Respekt zu.
  • Leitfragen für den Austausch:
    Was hat dir/Ihnen ganz besonders gefallen? Warum?
    Was ist dir/Ihnen schwergefallen? Warum?
    Was nimmst du/nehmen Sie aus diesem kreativen Unterricht heute mit?

    Die verschiedenen Aktivitäten sind zeitlich nicht zu kurz angelegt. Ich habe mit meinen Gruppen die Erfahrung gemacht, dass die Lernenden Zeit brauchen, um in die Arbeit einzutauchen. Aber wenn sie einmal begonnen haben, dann kann man sie nur schwer wieder herausholen. Das Zeitmanagement ist eine wichtige Sache und man sollte vorher genau vermitteln, wie viel Zeit für jede Aktivität gegeben ist. Man kann diese Arbeit über zwei oder drei Stunden verteilen und auch zu Hause Vorbereitungen machen lassen. Die Collagearbeit sollte aber unbedingt im Unterricht durchgezogen werden. Das Schreiben kann auch als Hausaufgabe für den nächsten Unterricht gegeben werden. Ganz wichtig ist auch der Austausch am Ende. Dadurch kann die Erfahrung in unserem Gehirn besser abgespeichert, die kreative Arbeit beendet und Empathie bei den Lernenden geschult werden. Und es gibt der Aktivität an sich einen besonderen Stellenwert, ermöglicht Wertschätzung der kreativen Fähigkeiten unserer Lernenden. Denn die Arbeit mit den Techniken des Neuen Kreativen Tagebuchs ist nicht zielorientiert, sondern prozessorientiert.

Retour en haut