Die Collagetechnik bietet nahezu unerschöpfliche Möglichkeiten des künstlerischen Ausdrucks. Collagetechniken sind faszinierend. Das liegt einerseits in der Auswahl der zu verwendenden Materialien und zum anderen darin, dass vor allem in der Kombination mit Malerei die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten stark erweitert werden.

Mit Bildern und Papiersorten aller Art zu arbeiten und keine eigenen Zeichnungen anfertigen zu müssen, macht die Collagearbeit zu einer spielerischen und entspannenden Aktivität, die für jeden zu bewältigen ist und immer zu einem Resultat führt. Man dringt in eine Welt ein, wo in Schichten gearbeitet wird, Dinge werden sichtbar gemacht oder versteckt und neue Welten können entstehen. Die Collagetechnik schafft eine eigene Sprache. Auβerdem ist das Durchblättern von Zeitschriften, das Ausschneiden und Kombinieren von Bildern eine spannende und kinästhetische Aktivität, die die Vorstellungskraft stimulieren und Motivation erzeugen kann.
Ich schlage außerdem vor, mit Bildern einiger impressionistischer Maler als Collagematerial zu arbeiten. Die Farbe Gelb wurde von den impressionistischen Malern in den Jahren 1860-1880 wieder retabliert. Das Atelier wurde in die freie Natur verlegt und die Kunst entwickelte sich von der rein figurativen in eine immer abstraktere und im Ausdruck freiere Kunst: die Maler und Malerinnen bedienten sich in ihren Bildern weniger der Polychromie und Farbnuancen. Sie konzentrierten sich darauf, die Veränderungen der Sonneneinstrahlung und den Einfluss der Atmosphäre auf die visuelle Wahrnehmung der Landschaft zu erfassen. Das Gelb wurde aufgewertet. Es nahm den Rang einer der drei Primärfarben ein.

Was, wenn Kunst uns erlaubt, uns zu entdecken, uns besser kennenzulernen? Kunstwerke versetzen uns in Schwingungen, berühren unsere Sinne und lösen Reaktionen aus. Sie versetzen uns in eine andere Welt. Es sind Türen, die einen Zugang zu unserem inneren Leben ermöglichen. Über Gemälde nehmen in uns lebende Emotionen und Gedanken Gestalt an, die wir vorher zwar erahnen aber nicht immer in Worte fassen können. Sie werden konkret erfahrbar und erfassbar. „Die Malerei ist eine Kunst, und die Kunst als Ganzes ist keine leere Schöpfung von Objekten, die in der Leere verloren gehen, sondern eine Macht, die einen Zweck hat und der Evolution und Verfeinerung der menschlichen Seele dienen soll. » (W. Kandinsky)
Bei der folgenden Aktivität werden wir also das Werk eines Künstlers als Inspirationsquelle verwenden.

Benötigtes Material

  • Ein kreatives Schreibheft (DINA 4, weißes linienfreies Papier oder nur lose Blätter)
  • Kopiervorlagen mit Kreisen
  • Zum Kleben einen Klebestift oder Akrylmedium oder verdünnten Weiβleim
  • Korken oder kleine Schwämmchen
  • Acrylfarben (gelb, violett, rot, orange, weiβ)
  • Pinsel
  • Behälter für Wasser und natürlich Wasser
  • Kleine aus Karton angefertigte Farbpaletten (Vierecke 15×10 cm)
  • Illustrierte Zeitschriften
  • Filzstifte
  • Buntstifte
  • Trockenkreide
  • Wachsmalstifte
  • Permanent Marker
  • Scheeren
  • Ein Haarföhn um bemaltes Papier gegebenenfalls zu trocknen
  • Vor Beginn der kreativen Aktivität könnte eine der Atem-Entspannungs-und oder Achtsamkeitsübung gemacht werden (5-10‘).
  • Dann sollten unbedingt die „RAILS-Regeln“ erklärt werden (5‘): Diese Regeln legen den Rahmen für die reibungslose Durchführung der Aktivität fest. Sie schaffen ein respektvolles Miteinander und eine kognitive Sicherheit. Dies sind beides grundsätzliche und unumgängliche Voraussetzungen, damit sich Kreativität frei entfalten kann.
    Vor Beginn der kreativen Aktivität könnte eine der Atem-Entspannungs-und oder Achtsamkeitsübung gemacht werden (5-10‘).
  • Dann sollten unbedingt die „RAILS-Regeln“ erklärt werden (5‘): Diese Regeln legen den Rahmen für die reibungslose Durchführung der Aktivität fest. Sie schaffen ein respektvolles Miteinander und eine kognitive Sicherheit. Dies sind beides grundsätzliche und unumgängliche Voraussetzungen, damit sich Kreativität frei entfalten kann.

    R=Respekt für sich selbst und die anderen, das heißt keine Selbstsabotage oder negative Kritik; 
    A=Aufmerksamkeit, für das, was in uns vorgeht; 
    I=Intimität wird respektiert, ich schaue nicht auf die Arbeiten der anderen und kommentiere sie auch nicht, jeder/jede hat seinen persönlichen und eigenen Raum;
    L=Liberté/Freiheit, ich bin frei die vorgeschlagenen Übungen abzuändern oder nicht zu machen, wenn es mir unangenehm ist;
    S=Schweigen/Stille, ich rede nicht während des kreativen Arbeitens und höre in mich hinein, lausche meinen Geschichten.

  • Kurzes Brainstorming mit der Gruppe über die Bedeutung und Assoziationen mit der Farbe Gelb (10’). Die Wörter sollten mitgeschrieben werden. Sollte man in einem Zyklus über Farben arbeiten, dann kann das « Farbenmandala » (Anhang 1) ausgefüllt werden: die Wörter mitschreiben (äuβerer Kreis) und am Ende der kreativen Arbeit Schnipselreste oder Farbreste dazu verwenden, den inneren Kreis auszufüllen (10’). Oder aber die Lernenden können ein Sonnendiagramm mit den verschiedenen Wörtern anlegen. Dann wird die Farbe Gelb, ihre Symbolik und Wirkung erforscht und kreativ gestaltet.
  • Einen gelben Hintergrund mit Akrylfarben auf der linken Seite des Heftes gestalten. Dabei kann an Stelle des Pinsels auch ein Korken oder kleines Schwämmchen zum Abtupfen verwendet werden. Dabei verschiedene Gelbtöne anmischen und verwenden. Auch Trockenkreide kann verwendet werden. Die Wahl der Medien sollte jeder Person freigestellt werden.
  • Während die Seite trocknet, drei Krise ausschneiden. In den ersten Kreise spiralenförmig schreiben und die folgenden Sätze ergänzen:
  • Ich bin mutig, wenn, …
    Ich brauche Mut, wenn …
    Mir mangelt es an Mut, wenn …
    Im indischen Chakrasystem bedeutet Gelb nämlich unter anderem auch der Mut.
    Für den zweiten Kreis eine Mini-Collage mit den Bildern der Impressionisten und in den dritten Kreis eine Mini-Collage mit Bildern aus Zeitschriften anfertigen lassen. Dabei geht es darum auszudrücken, was die Farbe Gelb für jeden einzelnen/jede einzelne persönlich bedeutet.
    Um die Kreise herum in kurzen Sätzen niederschreiben, was die Collagen an Gedanken hervorrufen.
  • Die Kreise auf den gelben Hintergrund kleben. Sich die gesamte Collage noch einmal genau anschauen. Alles in einem Wort zusammenfassen und dieses Wort auf einen Zettel oder ein Bild schreiben und auf die Collage kleben.
  • Sich in Kleingruppen (3-4 Personen) über das kreative Arbeiten austauschen (10‘). Dabei unbedingt folgende Regeln festlegen:
    • Jeder/Jede hat die gleiche Sprechzeit.
    • Es werden keine negativen oder abwertenden Kommentare über das Gesagte gemacht.
    • Wir hören einander aufmerksam und mit Respekt zu.
  • Leitfragen für den Austausch:
    Was hat dir/Ihnen ganz besonders gefallen? Warum?
    Was ist dir/Ihnen schwergefallen? Warum?
    Was nimmst du/nehmen Sie aus diesem kreativen Unterricht heute mit?

    Die verschiedenen Aktivitäten sind zeitlich nicht zu kurz angelegt. Ich habe mit meinen Gruppen die Erfahrung gemacht, dass die Lernenden Zeit brauchen, um in die Arbeit einzutauchen. Aber wenn sie einmal begonnen haben, dann kann man sie nur schwer wieder herausholen. Das Zeitmanagement ist eine wichtige Sache und man sollte vorher genau vermitteln, wie viel Zeit für jede Aktivität gegeben ist. Man kann diese Arbeit über zwei oder drei Stunden verteilen und auch zu Hause Vorbereitungen machen lassen. Die Collagearbeit sollte aber unbedingt im Unterricht durchgezogen werden. Das Schreiben kann auch als Hausaufgabe für den nächsten Unterricht gegeben werden. Ganz wichtig ist auch der Austausch am Ende. Dadurch kann die Erfahrung in unserem Gehirn besser abgespeichert, die kreative Arbeit beendet und Empathie bei den Lernenden geschult werden. Und es gibt der Aktivität an sich einen besonderen Stellenwert, ermöglicht Wertschätzung der kreativen Fähigkeiten unserer Lernenden. Denn die Arbeit mit den Techniken des neuen Kreativen Tagebuchs ist nicht zielorientiert, sondern prozessorientiert.

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