Herzensangelegenheiten

Hier ist mein Geheimnis. Es ist ganz einfach. Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar

Antoine Saint-Exupéry

Herzensangelegenheiten sind Dinge, die ganz besonders wichtig für uns im Leben sind. Wir investieren viel Energie und Aufmerksamkeit in sie, damit sie entstehen, bestehen und wachsen können. Unser ganzes Herz hängt an ihnen. Da wir uns bedingungslos preisgeben, beinhaltet dieser Begriff potenziell auch immer Verletzbarkeit und Schmerz. Unser Herz ist der großzügigste Teil unseres Wesens. Wenn wir aus dem Herzen heraus agieren, handeln wir aus einer existentiellen Notwendigkeit heraus, die keine Gegenleistung erwartet.
Im indischen System der Chakras nimmt das sogenannte Herzchakra die vierte Stellung ein und steht wie eine verbindende Brücke zwischen den mehr „bodenständigen, unten im Körper angesiedelten“  und den „geistigen“, den in den oberen Bereichen sich befindenden Chakren. Ihm ist die Farbe Grün zugeordnet. Es symbolisiert unter anderem Selbstlosigkeit, Liebe, Toleranz, Hingabe, Mitgefühl und Heilung. Außerdem repräsentiert es die Fähigkeit, Schönheit in Natur und Kunst wahrnehmen zu können. Es versorgt Herz, Lunge und Kreislauf und stärkt das Immunsystem. Weil das Herz mit allen Lebensfunktionen in Verbindung steht, gilt es in vielen Traditionen als Sitz der Emotionen.

Herz, mein Herz,
sei nicht beklommen

Herz, mein Herz, sei nicht beklommen,
Und ertrage dein Geschick,
Neuer Frühling gibt zurück,
Was der Winter dir genommen.
Und wie viel ist dir geblieben!
Und wie schön ist noch die Welt!
Und, mein Herz, was dir gefällt,
Alles, alles darfst du lieben!

                        Heinrich Heine

Das Herz, unser drittes Gehirn

Forscher haben entdeckt, dass im Herz ein eigenständiges neuronales System mit etwa 40.000 Nervenzellen existiert. Dieses Nervensystem steht mit dem Gehirn in enger Verbindung und man nennt es das „Herzgehirn“. Ihre Kommunikation erfolgt über sympathische und parasympathische Nervenfasern. Auch wenn das Herz nicht gleichzusetzen ist mit dem Gehirn, scheint es doch mehr als eine rein mechanische Pumpe zu sein. Anscheinend werden mehr Informationen vom Herz zum Gehirn geliefert als umgekehrt.

 Dr. J. Andrew Armour hat schon 1991 den Begriff Herzgehirn benutzt. Dieses „Herzgehirn“ besitzt, wie auch das eigentliche Gehirn, ein komplexes Netzwerk von Neuronen, Neurotransmittern, Proteinen und Helferzellen. Unabhängig vom Kopfgehirn kann das Herzgehirn agieren und es verfügt über ausgeprägte sensorische Fähigkeiten. Wie neurologische Erkrankungen und seelisches Leid dem Herzen zusetzen können, ist das Forschungsobjekt der noch jungen Disziplin der Psychokardiologie. „Trauer, Ärger und Freude können organische Veränderungen an einem so wichtigen Organ hervorrufen. Als ob Johann Wolfgang von Goethe es schon vor zweihundert Jahren geahnt hätte, als er über die Liebe dichtete: „Herz, mein Herz, was soll das geben? Was bedrängt dich so sehr? Welch ein fremdes neues Leben! Ich erkenne dich nicht mehr.“[1]

Die Herzform

Bei der Herzform handelt sich um ein populäres Emblem, eine Form, die seit dem Mittelalter das zugleich Greifbare und Immaterielle, das Konkrete und das Unsagbare zum Ausdruck bringt. Wenn man seine Ikonografie betrachtet, gehen seine entferntesten Ursprünge auf die Darstellung von Feigenblättern oder Efeu in griechischen, etruskischen und sogar orientalischen Artefakten zurück. Unter den vielen Beispielen gibt es ein vereinfachtes Herzbild, das auf die Münzen der Kyrenaika (eine antike griechische Stadt) geprägt wurde und den Samen oder die Frucht der inzwischen ausgestorbenen Silphium Pflanze darstellte. Sie war sowohl ein Gewürz als auch eine Medizin. Wegen ihrer Verwendung als Aphrodisiakum und Verhütungsmittel stellte sie einen profitablen Handel in dieser Region dar. Dieses Bild eines leidenschaftlichen und zugleich «durchdachten» Zeichens wird Jahrhunderte überdauern.

Schon in der Bibel stellte das Herz, «Leb», das Prinzip der Gefühle und Gedanken gemäß der platonischen Philosophie dar. Im Mittelalter wurde es der Ort der Seele, die selbst der Ort Gottes war (Ugo di San Vittore, De Claustro Anime). Es wurde von den Mönchen auf ihren anatomischen Tafeln eher grob dargestellt, bevor es von der Hofliteratur übernommen wurde. Das Symbol in der Form und dem Inhalt, die wir ihm noch heute zuschreiben, erschien wahrscheinlich zum ersten Mal in dem Manuskript Der Roman der Birne (um 1250), wo ein Mann in einem Miniaturbrief der Geliebten sein Herz anbot. Einige Jahre später illustrierte der italienische Künstler Giotto di Bone in seiner berühmten Cappella degli Scrovegni allegorisch die Nächstenliebe in der Geste der Herzhingabe an Gott. So zeichnete sich weiterhin sein Doppelleben ab. Das Herz wird dank seiner Wiedergewinnung immer mehr zu einem Symbol, sei es im poetischen Werk der Troubadoure (Legende des «verzehrten Herzens») oder in den Fresken der Kirchen, den großen populären Bilderbüchern. Bei seinen ersten Erscheinungen wurde die Spitze eher nach oben gezeichnet. Später wird es die umgekehrte Orientierung einnehmen und zwar im Jahre 1340 in der Abbildung eines Manuskripts des Alexanderromans. Immer noch hin- und hergerissen zwischen dem geistlichen und dem gewöhnlichen Leben erfolgte seine Verbreitung unter anderem durch die Spielkarten, wo es seit 1500 zu den vier Kartenspielmarken gehörte und durch die Vermehrung der göttlichen Erscheinungen, die sich im Jahre 1600 zum Kult des Herz-Jesu entwickelte. Erst im 19. Jahrhundert erlangte das Motiv dann seine Unabhängigkeit dank der romantischen Literatur und der Karten in Form eines Herzens mit Liebesbotschaften, die am Valentinstag ausgetauscht wurden. Das Herz-Motiv führte immer mehr sein Eigenleben und fand ab dem 20. Jahrhundert seinen Einzug in die Welt der Kunst.

Und was liegt uns ganz besonders am Herzen? Schauen Sie mal in die vorgeschlagenen Aktivitäten hinein!


[1] Quelle : Hier (abgerufen am 25.4.2024) 

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